Ich schau Dir in die Augen, Kleines: Josef Beuys sah und lebte Bedeutungen.

Ich schau Dir in die Augen, Kleines: Josef Beuys sah und lebte Bedeutungen.

Manches will einem nicht aus dem Kopf gehen. Vor einiger Zeit habe ich nach diesem Spot, der gleich nachfolgt, gesucht und ihn ausgegraben. Eigentlich will ich ihn gar nicht zeigen, ist ja Werbung, und die soll sich nicht irgendwo einschleichen.

Ich habe dran gedacht, wie an ein Gedicht. Darüber war hier schon zu lesen. Wer Minderwertigkeitskomplexe hat, die zuhauf aus der Arbeit in der Medienwelt entstehen, behauptet gern, dass der Broterwerb, den er gerade verrichtet, Kunst sei. Das hat Werbeguru Michael Schirner vor vielen Jahren behauptet. Sein Buch hieß auch tatsächlich, „Werbung ist Kunst“. Darin enthalten – natürlich – seine eigenen Arbeiten. Aber im Wesentlichen hat er immer nur Werbung gemacht und keine Kunst.

Josef Beuys, der Künstler

Kunst ist ja nicht nur eine Gattung, vielmehr ein Qualitätsbegriff. Wer von sich behauptet, er mache Kunst, wertet sich und seine Tätigkeit auf. Josef Beuys, der Künstler war, hat behauptet, „jeder Mensch ist ein Künstler.“ Das hatte einen Hintergrund: Er war im 2. Weltkrieg mit dem Flugzeug auf der Krim abgestürzt. Schwer verletzt und bei Eiseskälte wurde er von Nomaden gerettet, mit Fett eingesalbt und in Filzdecken gewickelt. Fett und Filz sind für ihn dadurch zu Metaphern für „Leben“ und „Lebensenergie“ geworden. Er hat diese Materialien ein Künstlerleben lang bei Installationen und Kunstaktionen verwendet.

Professor Markus Lüppertz, der Nicht-Künstler

Seine Aussage, jeder Mensch sei ein Künstler, ist politisch gemeint und eher darauf bezogen, dass man nicht elitär sein muß, um Kunst zu machen. Es gibt ja Menschen wie Professor Markus Lüppertz, die nennen sich Künstler und haben einen elitären Anspruch. Es ist aber keine Kunst, was er macht. Es ist eine leere Hülle, die der Selbstvermarktung dient. Da haben wir den Anknüpfungspunkt zur Werbung. Werbung kann Kunsthandwerk sein. Alte Schinken großer Meister waren auch nur Kunsthandwerk, Auftragsarbeiten, wie man Passfotos anfertigt, nur in Öl gemalt, weil es damals keine Kameras gab.

Der Kunstbegriff der Beliebigkeit

Kann alles Kunst sein, was man macht? Ist jeder Mensch ein Künstler? Wo endet Handwerk und beginnt Kunsthandwerk, wo endet Kunsthandwerk und beginnt die Kunst? Wieviel Kunst steckt in einem von Hand geschmiedeten Messer? Alte Fragen ohne Antworten. Insofern, wie sich ein Schaffender über die Zweckausrichtung der Aufgabenstellung hinwegsetzt und sich selbst verwirklicht, seinen Vorstellungen Ausdruck verleiht, kann es Kunst werden. Die Fragestellung bezüglich des geschmiedeten Messers müsste lauten: Inwieweit geht der Handwerker über das eigentliche Messer und seine klar definierte Funktion hinaus und führen seine Vorstellungen und Ansprüche zu einem Ergebnis, das ihm andere Bedeutungsebenen erschliesst?

Jeder für sich, einer für alle: Handwerk, Kunsthandwerk, Kunst

Sehr oft, eigentlich fast immer im Zeitstrom der Alltäglichkeit, wird es aber Handwerk oder maximal Kunsthandwerk bleiben. Neben der Kunst können Glaube und Religion eigene Bedeutungshorizonte generieren. Richtig interessant wird es, wenn Kunst und Glaube ihre Bedeutungsebenen verschränken. Das ist nicht vordergründig religiös gemeint sondern bezieht sich auf transzendierende Sichtweisen. Ich denke dabei an Leute wie James Turrell und sein Werk sowie speziell an seine Ausstellung „The Wolfsburg Project“, die seit Oktober läuft. Mit dem Stichwort „Glaube“ bin ich ein letztes Mal bei der Werbung gelandet: Denn der Glaube daran, ein Genie und Künstler zu sein, ist weit verbreitet in der dekadenzdurchtränkten Werbe- und Mediengemeinde.