So schön sieht Hot Bertaa aus. Jetzt ist sie aber leider heißgelaufen und etwas aus der Form.

So schön sieht Hot Bertaa aus. Jetzt ist sie aber leider heißgelaufen und etwas aus der Form.

Es war klar und es hat sich schon lange angedeutet, aber jetzt, jetzt ist es amtlich: Der schönste Kessel der Welt, „Hot Bertaa“, gestaltet von Philippe Starck und produziert von einer italienischen Nobelmarke, ist hinüber. Ich hatte hier darüber geschrieben und war begeistert von dem Ding, auch wenn es einige funktionale Einschränkungen gab.

Er ist sozusagen durchgebrannt oder dahingeschmolzen – wie man’s nimmt. Eine unachtsame Stunde lang mußte er ohne Wasser dahingekröcheln, weil ich mal wieder Zigaretten holen war und vergessen hatte, dass Wasser auf dem Herd stand. Dann ist der Kunststoff geschmolzen, nach außen gequollen und hat im Inneren die Metallkugel, die den Wasserfluß reguliert, festgesetzt. Je nach Position dieser Kugel kann man Wasser einfüllen oder ausgießen. Das heißt, der innovative Wasserkessel ist nicht mehr zu benutzen. Und die ganze Wohnung hat stundenlang nach dem geschmolzenen Kunststoff gestunken. Ein Voll-Metallkessel, mit dem ich ähnliche und durchaus längere Experimente durchgeführt hatte, war deutlich robuster gewesen.

Was aus der Ferne bedenklich aussieht, steigert sich bei näherer Betrachtung ins Schreckliche: Hier sieht man den hervorgequollenen Kunststoff.

Was aus der Ferne bedenklich aussieht, steigert sich bei näherer Betrachtung ins Schreckliche: Hier sieht man den hervorgequollenen Kunststoff.

Die Probleme, die der Kessel ansonsten gemacht hat, basieren zum Teil auch auf der Konzeption, einen Kessel herzustellen, der aus zwei Grundmaterialien besteht. Der Aluminiumrumpf ist sehr robust, der Kunststoff, aus dem Anfasser/Eingießer und Ausgießer bestehen, ist für hohe über übliche Kochtemperaturen hinaus gehende Hitzegrade nicht geeignet. Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll das überhaupt für einen Wasserkessel ist.

Der Schrecken in Nahaufnahme kommt für jeden Design-Freak einem Weltuntergang verdächtig nahe.

Der Schrecken in Nahaufnahme kommt für jeden Design-Freak einem Weltuntergang verdächtig nahe.

Was man auf den Fotos gut sehen kann, ist, dass sich zwischen Kunststoff und Aluminium-Corpus im Laufe der Zeit ein Kalkring durch austretendes Wasser gebildet hat. In den Kommentaren des ersten Artikels zum Thema war ja schon die Rede davon, wie so ein geschlossener Kessel zu reinigen ist. Sicher kann man aufgelöste Ascorbinsäure, Zitronensaft oder Soda einfüllen, das Ganze einweichen lassen und so den Kalk lösen. Andererseits ist mir nicht klar, wie die Mechanik, die auf eine flexible Art über die erwähnte Metallkugel den Verschluß bildet, auf agressive Kalklösemittel reagieren würde. Täte man das nicht regelmäßig, würde aber der Kalk sich nicht nur im Kessel festsetzen sondern mit Sicherheit die Mechanik in Mitleidenschaft ziehen bzw. vielleicht sogar die Kugel irgendwann in ihren Rolleigenschaften beeinträchtigenoder sogar fixieren – wodurch der Kessel praktisch nicht mehr zu benutzen wäre.

Steter Tropfen höhlt den Stein oder zerrt an den Nerven des Küchen-Chefs.

Steter Tropfen höhlt den Stein oder zerrt an den Nerven des Küchen-Chefs.

Es war mir noch nie aufgefallen, aber bei jedem normalen Wasserkessel geht der Ausgießer mehr oder weniger nach oben. Seit ich Hot Bertaa benutze weiß ich auch warum. Denn Hot Bertaas Ausgießer geht, um die Winklung des dominanten Anfassers gestalterisch aufzugreifen weiterzuführen, nach unten. Das führt dazu, dass durch das siedende Wasser immer etwas kondensierendes Wasser auf den Herd tropft.

Fazit: Design contra Funktionalität
Nachdem ich den Kessel somit einige Zeit in Gebrauch hatte – und ich bin nicht sehr gut zu meinen Küchengeräten – komme ich zu folgendem Urteil: Ein ungewöhnlicher, origineller Gegenstand, den man gerne betrachtet, lockert die (Seh-) Gewohnheiten auf. Dafür bin ich unter Umständen bereit, gewisse Nachteile in Kauf zu nehmen. Im Falle von Hot Bertaa habe ich einige Probleme geschildert. Ich war bereit, mich in das ungewohnte Handling einzufühlen und zu lernen, weil eben die Kugel nicht automatisch in der richtigen Position ist, dass man Wasser einfüllen kann bzw. dass aus dem Handgriff nicht Wasserdampf austritt, der den Griff zu sehr erhitzt. Man muß im letzteren Fall immer erst überprüfen, ob sie richtig sitzt, damit der Griff nicht heiß wird. Hot Bertaa hat keine Pfeife, man kann nicht ‚reingucken, weil der Corpus geschlossen ist usw., andererseits nötigt die Ingenieursleistung bezüglich der innovativen Innen-Mechanik Anerkennung ab. Ich glaube, dass dieser Wasserkessel insgesamt zu kompliziert und zu wenig robust ist. Ich würde ihn mir wieder kaufen, wenn alles aus Aluminium wäre und die Gängigkeit des Verschlusses noch etwas überarbeitet würde. Es war aber ein interessantes Erlebnis, mit Hot Bertaa Wasser zu kochen. Ich geh‘ jetzt auf die Suche nach einem neuen Kessel, der auch eine Pfeife haben sollte.

Hier nochmal der erste Artikel zum Thema „Hot Bertaa“.