Das Misstrauen wächst und erschüttert die Grundfesten der katholischen Kirche.

Das Misstrauen wächst und erschüttert die Grundfesten der katholischen Kirche.

Was hat der Papst getan, was hat er gewusst? Die Medien-Wellen schwappen hoch. Es ist herausgekommen, dass Joseph Ratzinger einenVergewaltiger nicht zur Rechenschaft gezogen hat. Die New York Times hat herausgefunden, dass der Priester Lawrence Murphy zwischen 1950 und 1974 etwa 200 Kinder mißbraucht hat und dafür mit einer Versetzung davon gekommen ist. Er hat danach weiter mit Kindern arbeiten dürfen und ist 1998 gestorben.

Missbrauchsfälle unter den Teppich gekehrt
Darüber hat die Kirche Stillschweigen bewahrt. Bis heute. Laut New York Times habe der damalige Erzbischof von Milwaukee, Rembert Weakland, Ratzinger als Vorsitzenden der Glaubenskongregation, von diesem Fall unterichtet. Zwar wurde ein Verfahren eingeleitet, den Priester aus seinem Amt zu entfernen, letztlich war es aber den Verantwortlichen wohl wichtiger, einen Skandal zu vermeiden. Der Fall wurde nicht an die Justiz weitergeleitet.

Der Aufklärungs-Tsunami
In den Medien ist vielsagend vom „Kartell des Schweigens“ oder dem „System des Vertuschens“ die Rede. Aber die Kirche schlägt zurück: Das Kloster Ettal hat den Rechtsanwalt Thomas Pfister als Sonderermittler eingesetzt. Der hat seinen kirchlichen Auftraggeber aber schon in Sachen Mißbrauch vertreten und gegen die Forderungen der Opfer kalt-juristisch argumentiert. Die Kirche spricht sogar auch von einer „missbrauchten Pressefreiheit“, weil sie sich ganz allgemein an den Pranger der Öffentlichkeit gestellt sieht – ganz ungewohnt in einem Klima unangebrachter Diskretion. Sind das die richtigen Signale?

Was darf die katholische Kirche?
Die Kirche agiert getrennt vom Staat. Es ist eine interessante Frage, inwieweit sich die katholische Kirche als Staat im Staat sieht – mit eigenen Regeln, sogar mit eigenen Gesetzen. Das System hinter dem Vorgehen bei den zahlreichen Missbrauchsfällen, die in den letzten Jahren aufgedeckt worden waren, ist immer interne Ahndung oder Bearbeitung und kaum das Offenlegen der nach staatlichem Recht als Straftat zu bewertenden Handlungen der betroffenen Priester. Offensichtlich sieht sich die katholische Kirche als einen Sonderfall an. Darf sie das? Eine Verblendung?

Von Schweigen zum Verfemen
Zur Auseinandersetzung mit den weltlichen Geschehnissen gehört auch die Auseinandersetzung mit Sexualität. Im Rahmen der Medienoffensive in Sachen Missbrauchsfällen und der internen Kirchendiskussion kommt es auch mal zur Homo-Phobie. Wohin und wie weit das führen kann, kann man hier nachlesen.