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Meine sündigen Reisen durchs World Wide Web (1)

Mit der Bandbreite des Internets wuchs das Glück der Pornokonsumenten („Konsument“ ist ein verblüffend unverbindlicher Begriff für „jemanden, der sich aufgeilt“). Zeitnah und fern der Augen neugieriger Nachbarn und glubschäugiger Videothekenheinis seiner Second-Hand-Lust nachzuspüren war ein Befreiungsschlag. Vielleicht mehr noch, als es die VHS-Kassette war. Gleichzeitig etablierte sich das Porno-Thema immer mehr im gesellschaftlichen Kontext. Kaum ein Entertainmentformat konnte daran vorbei. Auspeitschen, abspritzen, Sodomie. Alles war möglich geworden.

Wirklich alles?

Heute hatte ich mal wieder Lust auf netten Kuschelsex. Ich bereiste das Netz, blickte mich um, suchte. Was ich auch versuchte, ich stieß entweder auf harte Pornografie. Danach war mir heute aber nicht. Ich wollte was zum Anschmiegen. Von mir aus digital, aber zum Anschmiegen. Oder ich stieß auf schwülstige Anzeigen von Partnervermittlungsagenturen. Vermittelte Partnerinnen waren aber gerade etwas mehr, als ich mir für den Abend vorgenommen hatte.

Während ich die akrobatischen Verrenkungen turnender Korpulanten weg klickte, fühlte ich mich einsam. Das Internet, das immer für mich da war, wenn ich einsam war, bockte diesmal. Interessierte sich niemand mehr für netten Kuschelsex?

Bin ich auf eine Lücke im allsehenden Netz gestoßen oder ist das Netz mit mir auf den letzten einer aussterbenden Art gestoßen? Den letzten Kuschelsexer? Und wenn schon, sollte es nicht trotzdem irgendwo ein Angebot für mich geben? Von mir aus in China. In China müsste doch auch Kuschelsex billig herzustellen sein.

Ich fahndete nach guten Übersetzungsmaschinen für chinesische Schriftzeichen. Für das Zeichen für Kuschelsex in Mandarin-Chinesisch. Und für „ohne Weichmacher“, das musste man bei Angeboten aus China immer mit beachten.

So fand ich immerhin heraus, dass mein Browser kein Sprachentalent war. Bei Schriftzeichen versagte er kläglich.

Zuletzt bin ich in die Situation gekommen, mal wieder ein gutes Buch zu lesen. Früher, vor dem Internet und der VHS-Kassette, hatte es das öfter gegeben, dass man ein gutes Buch gelesen hat. Hoffen wir, dass das Word Wide Web das auch noch wett macht.

Post Scriptum: Blümchensex als Suchbegriff hat auch nicht geholfen. Ich weiß ohnehin nicht, ob ich mich auf Websites einlassen würde, die das verballhornende Wort „Blümchensex“ gebrauchen.