Ghost in the Machine und in Apple's Disney-Land, in dem Dagobert Duck von riesigen Geldspeichern hinab regiert.

Ghost in the Machine und in Apple's Disney-Land, in dem Dagobert Duck von riesigen Geldspeichern hinab regiert.

Steve Jobs konnte sich entspannt zurücklehnen: Er hatte alles erreicht, was er erreichen wollte. Er hat aus dem Nichts heraus das wertvollste Computerunternehmen der Welt geschaffen, das damals, als er es wieder übernommen hatte, so klamm gewesen war, dass es eigentlich hätte pleite gehen müssen – wenn nicht Microsoft in letzter Minute eine Geldspritze gegeben hätte.

Jobs hat inzwischen nicht nur alle Höhen sondern auch alle Tiefen des Business hinter sich. Es wäre wohl keine dumme Idee, dieses Leben mal zu verfilmen. Es wäre eine Mischung aus Disney-Film und Krimi (denkt man daran, wie er von John Scully, den er damals als Manager zu Apple geholt hatte, ausgebootet worden war.)

Traum-Produkte für die Käuferschaft der Zukunft
Apple jedenfalls war 1984 mit dem wegweisenden Computer Mac(intosh) angetreten, Microsoft und Windows vom Thron zu stoßen. Inzwischen ist es gelungen. Apple ist jetzt wertvoller als Microsoft. Steve Jobs hat jüngst eine lebensbedrohliche Krankheit überstanden, hat ansonsten ein Leben als Milliardär gefristet, hat aus seinen schweren Fehlern mit NeXT-Computer oder dem Newton viel gelernt und hat neuerdings Produkte geschaffen, die sich dermaßen den den Bedürfnissen der Käuferschaft der Zukunft orientierten, dass es die reine Freude für die Aktionäre ist.

Saubermann-Supermann Steve Jobs
Blieb nur noch eines zu tun: Die Welt zum Besseren zu wenden. Einer wie er, ein Superman des Silikon Valley und des Wirtschaftslebens, der Apple in seiner ersten Phase mit dem Apple II und zweiten Phase mit dem WYSIWYG-Computer-Konzept zu größten Erfolgen geführt hatte, der als Retter nach der dritten Phase, die ohne ihn stattfand, wieder auftauchte, um in der jetzigen Phase mit völlig neuen Konzepten und Produkten, mit ausgefuchsten Gesamtstrategien einen modernen Milliardenkonzern zu formen, der auch die Trickfilmschmiede Pixar zum Milliardenunternehmen machte und dies dann verkaufte – dieser Steve Jobs hat sich gesagt, jemand wie ich, der letztlich immer alles richtig gemacht hat, der wird nichts Falsches tun, wenn er das Schlechte der Welt aus seinem Konzern-Kosmos raushalten will.

Ein Weltbild der Reinlichkeit, hergeleitet aus monetären Erfolgen
So sind die guten Amerikaner: Sie wollen keinen Dreck, keine Gewalt, keine Pornos, eigentlich auch überhaupt keinen Sex und ganz allgemein keine Verunglimpfungen anderer Menschen. Nichts, was irgendjemandem weh tun könnte. So kam es , dass Apple in seinem App-Store nur die reine Lehre zelebrierte. Wie Walt Disney, wie Arnold Schwarzenegger, der als Politiker kein Terminator mehr sein konnte, der Leute umbringt. Wie viele andere, die all jenes ausklammern wollen, was nicht in ein künstlich-positives Weltbild passt.

Quasi-Zensur der Weltliteratur durch Apple
Das erinnert ein bißchen an die hiesigen Diskussionen über den öffentlichen Raum in Deutschland, den sich immer mehr die Privatwirtschaft einverleibt – mit dem Nachteil, dass sie Verfügungsgewalt über diesen öffentlichen Raum hat, dass sie teils der Hausher ist, der sagen kann, was der Bürger darf und was nicht. So ähnlich ist das im World Wide Web oder in anderen Computerwelten, wie dem App-Store-Welt von Apple: Da darf nur das rein, was der Hausherr will. Auch andere, wie Facebook machen, was sie wollen. Das greift um sich. Wo sind da Pluralismus und Sinnhaftigkeit? Bei Apple geht die heile Welt inzwischen so weit, dass selbst Werke der Weltliteratur wie „Moby Dick“ oder eine Comic-Adaption von James Joyce‘ „Ulysses“ praktisch zensiert werden. Hier das entsptechende Bild, das zunächst nicht im App-Store gezeigt werden durfte:

Dieser Pimmel war für die Sittenwächter von Apple zuviel. Die Joycesche Ulysses-Comic-Adaption durfte zunächst nicht über den App-Store vertrieben werden.

Dieser Pimmel war für die Sittenwächter von Apple zuviel. Die Joycesche Ulysses-Comic-Adaption durfte zunächst nicht über den App-Store vertrieben werden.

Das „iPad“ als Sex-Spielzeug „pornPad“
Steve Jobs hat auch darauf bestanden, dass auf seinem neuen Lieblingskind, dem iPad, keine Pornos zu sehen sein sollen. Dies bezieht sich darauf, dass über den von Apple betriebenen „App-Store“ (oder besser „Ape-Store“?), jenem virtuellen Laden also, in dem man Programme und andere Inhalte erwerben kann, keine pornografischen Inhalte vertrieben werden dürfen. Da hält Apple die Hand drauf. Nun haben aber Untersuchungen gezeigt, dass über das iPad überproportional oft auf Pornoseiten im Internet zugegriffen wird, sodass die Porno-Industrie Apple geradezu dankbar ist für dieses neue Sexspielzeug – und deshalb hat das iPad von geneigter Seite auch den liebevollen Spitznamen „pornPad“ erhalten. Wer hätte diese Entwicklung vorausgeahnt?

Unglaubliche Gewinne mit iPad und iPhone
Das iPad, das jetzt erst ein paar Monate im Verkauf ist und von dem man im Vorfeld sagte, es treffe auf gar keinen real vorhandenen Bedarf, niemand wisse, was er damit anfangen solle – zwischen Smartphone, Laptop und stationärem PC – ist in jedem Falle eine weitere Erfolgsgeschichte im schicken Apple-Land. In nur drei Monaten wurde 3,27 Millionen Stück verkauft. Damit steuerte es in diesem Zeitraum 2,1 Milliarden Dollar bei. 15,7 Milliarden Dollar setzte Apple in seinem buchhalterisch dritten Geschäftsquartal zwischen April und Juni um und kann die Nachfrage nach dem iPad immer noch kaum decken. 5,3 Milliarden Dollar entfielen auf das iPhone. Der Nettogewinn stieg in diesem Quartal um 78% auf 3,3 Milliarden Dollar. Beeindruckende Zahlen im Paradies der neuen Reinlichkeit. Ein Gewinn der ungerecht erscheint, basiert er doch zum Teil auf Restriktion. Apple, das angetreten war, um alles besser zu machen, das ein Gegenmodell zu Microsoft war, scheint der Erfolg zu Kopf zu steigen.