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Schwierig zu sagen, was man tun soll, wenn eine Katastrophe stattgefunden hat, man aber nicht direkt betroffen ist. Man ist nicht gestorben, man ist nicht verletzt, aber – je nachdem: Trauer, Wut, Solidarität, Schweigen, Reden, Schuldzuweisungen, Rücktrittsforderungen, Todesdrohungen, Beschuldigungen, Verleugnungen und Verleumndungen, Feigheit, Verantwortung und Verantwortungs-Losigkeit hängen in der Luft und wechseln sich ab.

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Wenn man sich der Unterführung nähert, an der die Menschen bei der Loveparade gestorben sind, sieht man ein Meer an Kerzen, Kerzen, die Worte wie „Warum?“ bilden, Worte, die fordern, dass Adolf Sauerland, Duisburgs Ober-Bürgermeister, zurücktreten soll. Viele Wünschen sind an Boden und Wänden der Unterführung zu sehen, Geleitworte und weitere Forderungen.

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Inzwischen hat sich auf der Ebene der Verantwortung für das Loveparade-Debakel einiges aufgeklärt und das bereits ein paar Tage nach den Geschehnissen. Immerhin. Das, was die Vertreter der Stadt Duisburg und der Veranstalter in der Pressekonferenz nicht aufklären wollten, haben die Medien inzwischen zu Tage gefördert.

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Nachdem auf der Loveparade Menschen zu Tode gekommen waren, hatte sich die hiesige Politik wohl darauf verständigt, am besten keinerlei Informationen nach außen dringen zu lassen und auf Zeit zu spielen, das heißt, darauf zu warten, bis die Staatsanwaltschaft den Fall durchleuchtet hat. Das kann aber dauern. Auch bei der Polizei war es offenbar erste Pflicht, alles belastende Material bis hin zu den Emails zu löschen, damit die Polizei kein Ungemach trifft. Dies war bei „Spiegel Online“ zu lesen.

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In der darauffolgenden Zeit konnte man mit ansehen, wie eine Partei der anderen den schwarzen Peter zuschob. Der Veranstalter „Lopavent GmbH“ in Person von Rainer Schaller, machte die Polizei verantwortlich. Die Gewerkschaft der Polizei spielte den Ball an ihn zurück. Es war im Gespräch, dass Fritz Pleitgen, Vorsitzender der Geschäftsführung der „Ruhr.2010 GmbH“, der Betreibergesellschaft des Projektes „Kulturhauptstadt Ruhr 2010“, Druck auf die Stadtverwaltung Duisburg ausgeübt habe, die Loveparade stattfinden zu lassen, was Pleitgen aber bestreitet.

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Klar scheint Folgendes zu sein: Die Erlaubnis für den Betrieb der Loveparade lag erst am Samstag um 9 Uhr vor, also dem Tag, an dem die Loveparade stattfand. Die Nacht vorher wurde das Sicherheitskonzept immer noch kontrovers diskutiert und war bei Polizei und Feuerwehr umstritten. Durchgesetzt hat sich aber die sachfremde Politik.

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Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland wußte frühzeitig davon, dass nicht nur der Zugang zum Gelände gefährdend für die Veranstaltung war. Demnach hat die Bauverwaltung die Stadt Duisburg darauf hingewiesen, dass es zu wenig Fluchtwege gebe. Der Sicherheits-Dezernent der Stadt Duisburg, Wolfgang Rabe, soll daraufhin Druck ausgeübt haben, weil der Oberbürgermeister die Veranstaltung unbedingt realisieren wollte. Warum musste das sein? Weil er durch die Kulturhauptstadt-Oberen unter Druck oder im Wort stand? Weil die Zeit zu schnell vorgerückt war und jetzt etwas entschieden werden mußte?

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Es war zu hören, dass die Projekt-Gesellschaft der „Kulturhauptstadt Ruhr 2010“ Großveranstaltungen wie „Still-Leben Ruhrschnellweg“ oder eben die „Loveparade“ favorisiert, weil sie einen Besucherrekord für das Gesamtprojekt „Kulturhauptstadt Ruhr 2010“ aufstellen wollte. Die 9,7 Millionen Besucher, mit denen Liverpool 2008 einen Rekord aufgestellt hatte, wären dann zu knacken gewesen. Um welchen Preis?

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Polizei und Feuerwehr sollen schon im Vorfeld anläßlich diverser Besprechungen und Workshops rechtzeitig ihre Bedenken geäußert haben. Auch der Polizei-Chef – Rolf Cebin – hatte sich kritisch gegen den Veranstaltungsort gewandt. Er wurde jedoch pünktlich vor der Loveparade im Mai 2010 pensioniert.

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Die Bauaufsicht schließlich entband den Veranstalter sogar davon, die üblichen Fluchtweg-Breiten einhalten zu müssen. Auch Feuerwehrpläne mußten nicht mehr erarbeitet werden.

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„Der Westen“ schreibt, dass Jürgen Dressler, der Leiter des Baudezernates, auf einem Protokoll unter anderem handschriftlich notiert habe: „Dieses entspricht in keinerlei Hinsicht einem ordentlichen Verwaltungshandeln und einer sachgerechten Projektstellung.“ Dressler hatte sich auch geweigert an der so genannten Pressekonferenz nach dem Unglück teilzunehmen, weil er schon vor der Loveparade jede Verantwortung für die Sicherheits-Standards abgelehnt hatte.

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Die Katastrophe hat sich den Experten bereits im Vorfeld angedeutet, doch sie wurden entweder nicht gehört oder unter Druck gesetzt. Von Seiten des Veranstalters kamen laut des nordrheinwestfälischen Innenministeriums weitere Versäumnisse und die Nichteinhaltung des Sicherheitskonzeptes hinzu. Es mag sein, dass am Tag der Loveparade weitere Versäumnisse zum Beispiel von Seiten der Polizei begangen wurden. Dies muß die Staatsanwaltschaft im Detail klären.

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Die Hauptursache dafür, dass Menschen starben und verletzt wurden, lag aber darin, dass die gängigen Sicherheitsbestimmungen von Politik und Verwaltung in Duisburg auf höchster Ebene ausgehebelt wurden. Neben Oberbürgermeister Adolf Sauerland trägt hier Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe die Verantwortung.

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In rechtlich weitreichender Hinsicht trägt aber grundsätzlich immer der Veranstalter das Risiko und ist auch für Details wie die Zuwege und die Organisation verantwortlich zu machen. Schwierig einzuschätzen ist, wie weit die Verantwortung des Veranstalters reicht, wenn ihn die Verwaltung von Rechtsvorschriften wie der eigentlich vorgeschriebenen Breite der Zugänge entbindet. Er hatte dafür eine Sondergenehmigung erhalten.

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Die ermittelnde Staatsanwaltschaft, die viele Akten und Filmmaterial von mehreren Kameras auszuwerten hat, wird am Ende wahrscheinlich zu einem differenzierten Bild der Geschehnisse beitragen können. Es steht zu vermuten, dass auf den Veranstalter, die „Lopavent GmbH“, noch einiges zukommen wird. Die Loveparade ist mit 7,5 Millionen Euro über eine Veranstaltungs-Haftpflicht versichert. Ob das reichen wird?

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