Überbleibsel von der Loveparade wie sie im Tunnel zu sehen sind.

Überbleibsel von der Loveparade wie sie im Tunnel zu sehen sind.

Bald ist der Tunnel in Duisburg, der der Ort der Loveparade-Katastrophe war, wieder geöffnet. Noch ein paar Tage ist er eine Gedenk-Stätte, ab 4. September ist er dann wieder ein ganz normaler Tunnel. Wieviel Politiker waren wohl zwischenzeitlich an dem Ort des Versagens der Politik?

Seit das Unglück passiert ist, hatten alle Beteiligten ausgiebig Zeit, darüber nachzudenken, was „Verantwortung“ bedeutet. Die politische Verantwortung hat nicht unbedingt etwas mit Schuld oder moralischer Verantwortung zu tun. Ein Kapitän trägt die Verantwortung dafür, wohin sein Schiff fährt. Egal, ob er Schuld daran trägt, wenn etwas geschieht, oder nicht: Er hat die Verantwortung zu tragen. Duisburgs Oberbürger, der sich seit dem Unglück mit Händen und Füßen wehrt, zurückzutreten, hat da wohl etwas mißverstanden. Er scheint den Kapitän als denjenigen zu sehen, der zuletzt von Bord geht.

Razzien: Erst deutschlandweit dann im Duisburger Rathaus
Nachdem die Stadt der Staatsanwaltschaft Unterlagen hat zukommen lassen, stellte sich nun heraus, dass diese unvollständig waren. Das hat zu einer Razzia im Duisburger Rathaus geführt, bei der weitere Unterlagen sichergestellt worden sind. Lange vorher hatte es diverse Razzien in den Büros des Loveparade-Veranstalters Lopavent gegeben.

Im Strafanzeigen-Hagel
Diverse Strafanzeigen hatte es bereits gegen die Stadt Duisburg, deren Oberbürgermeister und gegen den Veranstalter gehagelt. Nun ist eine Anzeige gegen Fritz Pleitgen von der „Ruhr.2010“-Projektgesellschaft der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 eingegangen. All diese Anzeigen sollten Ermittlungen nach sich ziehen und helfen damit, die Loveparade-Katastrophe aufuklären. Pleitgen hatte jede Schuld daran, einen Druck aufgebaut zu haben, von sich gewiesen. Fakt ist aber wohl, dass der Druck auf die Stadt Duisburg beträchtlich war. Alle wollten die Loveparade.

Besucherrekord – um welchen Preis?
Bereits am 29.06.2010 schrieb die BILD-Zeitung: „Größer, erfolgreicher, gigantischer: Diese Kulturhauptstadt bricht alle RUHR-korde!“ 9,7 Millionen Besucher waren in 2008 nach Liverpool gekommen. Bis Ende Juli 2010 4,8 Millionen ins Ruhrgebiet. Das Ruhrgebiet, die Landesregierung, die Projektgesellschaft, allgemein die Politik wollten den Rekord brechen. Die Loveparade kam da gerade recht. Wenn man bedenkt, dass die Duisburger Stadtverwaltung wußte, dass die Loveparade-Besucherzahlen vom Veranstalter bewußt hochgeschraubt worden waren, wäre ein Kulturhauptstadt-2010-Besucherrekord auf dieser Grundlage nicht seriös gewesen. Wieder die Frage, wie man das verantworten kann.

Wie hoch war der Druck und woher kam er?
Noch bis tief in der Nacht vor der Loveparade haben die Organisatoren und Bewilliger kontrovers diskutiert. Es gab Stimmen, die Zweifel anmeldeten. Es hatte aber auch den Druck vom Veranstalter Lopavent gegeben, der sogar Rechtsanwälte vorgeschickt hatte, um die Veranstaltung stattfinden zu lassen. Es gab die Landesregierung zu Zeiten Jürgen Rüttgers, die die Finanzierung sichergestellt hatte. Alle Augen ruhten zu diesem Zeitpunkt auf Duisburg. Viel später wird Fritz Pleitgen nach der Katastrophe den medien sagen, natürlich habe er die Loveparade gewollt, aber er habe keinen Druck gemacht. Was mancher vergessen hat, ist, dass Bochum sich gar nicht erst in diese Lage gebracht indem es die Loveparade rechtzeitig abgesagt hatte. Das hätte Duisburg auch tun können. Bevor der Druck zu groß wurde, um noch klar denken zu können. Die Duisburger Politik wollte es besser machen als Bochum, vielleicht war da auch etwas Hochmut mit im Spiel. Und wie sagt man so schön? Hochmut kommt vor dem Fall.

Die letzte Beerdigung
Am 23. August 2010 wurde als letztes Loveparade-Unglücksopfer eine 21jährige auf dem Hauptfriedhof in Moers beigesetzt. In ihrer Todesanzeige ist zu lesen, dass ihr Leben „auf leichtsinnige Weise aufs Spiel gesetzt worden ist“.