Die vier Reiter der Apokalypse in einem Gemälde von Viktor Vasnetsov

In „The Road“ geht die Welt auf besonders finstere Weise zugrunde – aber beileibe nicht zum ersten Mal. Der Weltuntergang ist eines der gängigsten Motive der Popkultur  in den  letzten fünfzig Jahren; man muss sich nur einmal das Heer der Zombie-Filme ansehen.

Das düstere Fabulieren über das Ende der Zivilisation, des Lebens und des ganzen Rests gehört  zum Mythenschatz der Menschheit, seit diese von den Bäumen heruntergeklettert ist. Die Vorstellung vom Ende der Welt und speziell von  einem letzten Kampf der Mächte des Guten gegen das Böse findet sich seit der Antike in vielen Mythologien und Religionen weltweit, einer der bekannteren ist das Ragnarök der nordischen Mythologie. Auch die heute moderne Form des Endzeitmythos ist älter als das 20. Jahrhundert:  Schon 1826 schrieb Mary Shelley, die Autorin von „Frankenstein“  den Roman „The Last Man“, in dem eine Seuche die Erde entvölkert.  Allerdings fand der Roman zu seiner Enstehungszeit wenig Beachtung, Shelley war hier ihrer Zeit mal wieder voraus.  Erst  Mitte des 20.  Jh. wuchs sich das  Motiv zu einem vielgestaltigen Genre aus, als nach Hiroshima und Nagasaki die Tatsache ins öffentliche Bewusstsein rückte,  dass der Mensch erstmals in der Geschichte ein Instrument in der Hand hatte, sich selbst vom Angesicht der Erde zu fegen. Diese traumatische Erkenntnis hinterließ tiefe Spuren im kollektiven Bewusstsein –  was zunächst vor allem amerikanische Science Fiction-Schriftsteller aufgriffen, die die Vorstellung einer Welt nach dem Atomkrieg entscheidend prägten. Beispielhaft sei hier „Lobgesang auf Leibowitz“ genannt, in dem der Autor Walter Miller jr.  die Weltgeschichte nach dem nuklearen Winter wieder von vorne beginnen lässt. Auf ein neues Mittelalter folgt eine neue Renaissance und eine neue Neuzeit – diese endet ebenso abrupt wie die alte mit einem neuen Atomkrieg. Keine sehr optimistische Sichtweise, was menschliche Lernfähigkeit angeht.

Eine Ikone der Endzeit: Der Atompilz

Unter dem Eindruck des beginnenden Wettrüstens schien die Gefahr eines dritten Weltkriegs in den 50ern dann so  konkret, dass  auch immer mehr Filmemacher das Motiv aufgriffen. Interessanterweise ist das westliche Modell des Endzeitfilms in Japan  zu dieser Zeit  kaum vertreten – die real erlebte Apokalypse reichte den Japanern wohl voll und ganz. Stattdessen materialisierte sich dort der kollektive Alptraum der Bombe in dem Atom-Drachen Godzilla.

Einer der ersten  US- Filme, der die Folgen eines weltweiten Atomkriegs  thematisierte, war  1959 „On the Beach“  von Stanley Kramer, nach einem Roman von  Neville Shute. Hier hat der Atomkrieg  die Nordhalbkugel vollkommen eingeäschert, nur Australien ist bisher verschont geblieben. Aber der Fallout kommt unaufhaltsam näher  und auch dieser letzte Zufluchtsort ist dem Untergang geweiht. Die Regierung gibt Selbstmordpillen aus, die Filmfiguren finden sich mit ihrem Schicksal ab. 14 Jahre nach Hiroshima gedreht ist „On The Beach“ auch einer der trostlosesten Endzeitfilme, der zu seiner Entstehungszeit in seinem Pessimismus  fast radikal gewirkt haben muss.

Knappe 5 Jahre später war der Schrecken schon so weit verflogen, dass man bereits Witze über das Ende der Welt machen konnte. Stanley Kubrick schilderte 1964 in „Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben“  wie ein verrückter General im Alleingang den Atomkrieg auslöst, ohne dass ihn jemand stoppen könnte – und das in Form einer  bösen Satire,  in der die verklemmten alten Männer der Führungsriegen ihren Triebstau durch Allmachtsfantasien kompensierten.

Am Ende er 60er Jahre dann kam eine weitere satirische Bearbeitung des Themas in die Kinos, die eine bizarre Gesellschaft zeichnete, die aus den Ruinen der totalen Vernichtung entstanden war: „Planet der Affen“, der seinen postapokalyptischen Charakter in einem der berühmtesten Twists der Filmgeschichte erst am Ende enthüllt, Als der Protagonist an einem Strand die verschütteten Reste der Freiheitsstatue entdeckt, und dabei erst realisiert, dass er sich auf der Erde befindet.

Ob nun als Drama oder Satire, die Filme der 50er und 60er behandelten das Thema stets mit einem mahnenden Gestus.  An diesen Beispielen kann man auch sehen, dass das Endzeit-Setting eine Vielzahl möglicher Herangehensweisen erlaubt, doch eines haben alle Vertreter des Genres gemeinsam: Im Zentrum steht ein katastrophales Ereignis, das der Mensch in der Regel selbst verschuldet hat und das die Gesellschaft in ein eindeutiges Davor und ein Danach trennt. Nur selten sind die Stories wie Dr. Seltsam im Davor angesiedelt, meist in einem Danach, ob nun unmittelbar nach der Katastrophe oder Jahrzehnte oder Jahrhunderte später. Diese im eigentlichen Sinne postapokalyptische Konstellation änderte sich auch nicht in den folgenden Jahrzehnten, als neben die nukleare Gefahr weitere Bedrohungen traten, die den Leuten den Schlaf raubten.