Lichtgesichter

Er überlegte. „Aber der ist doch tot…?“ Sie nickte und entgegnete: „Trotzdem. Er war ja nicht alleine. Seine Leute. Es gibt ja noch seine Leute.“ Die Couch war etwas kurz für ihn, weshalb er die Beine immer etwas angewinkelt hielt und und sich nun leicht auf die Seite gelegt hatte, damit er es etwas bequemer war. „Und die sollen jemand geschickt haben?“ Sie nickte schnell und ruckartig, während sie ein paar Mal dazu mit den Schultern zuckte. „Es war ein Junge, den ich nicht kannte. Ein Milchbubi.“

„Milchbubi…“ wiederholte er fast verächtlich oder so, als wäre es eine besondere Information, und dann runzelte er die Stirn. Sie hatte das erwartet und sah die Wellen auf seiner Stirn wie in Zeitlupe voraus. „Du hast den gesehen?“ fragte er mit vorsichtig tastendem Erstaunen. „Ja. Wir alle.“ Sie streckte sich. Plötzlich hatte dieses alte Dreckschwein zwischendurch wieder mal Interesse an ihr und nur, weil sie etwas zu berichten wusste, was er nicht wusste. Dann sagte sie nuschlig schnell dahin, so dass es schwer zu verstehen war: „Bin ich hier eigentlich die Tageszeitung?“ Er kniff die Augen zusammen. „Was?“ Natürlich hatte er sie wieder nicht richtig verstanden. „Schon gut!“ Sie lachte in sich hinein.

Aber sie wußte, dass er nicht locker lassen würde. Er lag hier den ganzen Tag vorm Fernseher ’rum, lebte von ihrem Geld, wenn er nicht irgendwo noch was zusätzlich klauen konnte, um angeben zu können, dass er das Geld nach Hause brachte – was aber natürlich schon lange nicht mehr der Fall gewesen war. Er stellte dumme Fragen. Tagein, tagaus. Er hatte ja auch nichts zu tun. Wie sie das hasste.