Karl Lagerfeld Modedesigner

Die „Men In Black“ oder „Blues Brothers“ Deutschlands – Udo Lindenberg, Heino und Karl Lagerfeld – haben seit jeher die Sonnenbrille als Verschleierungstool einer visuellen Strategie genutzt. In der Modewelt Karl Lagerfelds, 10.09.1933 geboren und 19.02.2019 gestorben, wurde die Sonnenbrille zum Teil seiner Markenbildung und hinter seinen dunklen Gläsern konnte er beobachten, wie er von den Medien mit dem Titel „der letzte Modezar“ bedacht wurde. Karl Lagerfeld war aber etwas mehr als das.

Eigentlich ist das sogar etwas untertrieben. Laberfeld war, wie man so schön sagt, eine Kategorie für sich, eher Papst als Zar, Kaiser oder König. Der letzte der alten Garde als Vorturner edler Marken wie Dior, Yves Saint Laurent oder Chanel. Für Chanel hat er seit Jahrzehnten und auf Lebenszeit gearbeitet. Zu seinen Auftraggebern während seines Werdegangs zählten auch Chloe oder Fendi.

Modepapst mit Sonnenbrille

Wenn Karl Lagerfeld der Papst war, waren alle anderen Modeschöpfer maximal die Bischöfe. Als einer der wenigen weltbekannten Deutschen, als Eigenmarke, als Wertkonservativer, als Provokateur mittels sprachlicher Eindeutigkeit hat er eine Medienwirklichkeit geschaffen, deren Suggestivkraft nachhaltig verfangen hat. Denn Medien brauchen Futter und Karl Lagerfeld konnte liefern, denn er hatte immer eine Geschichte zu erzählen.

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Karl Lagerfeld, alterslos

Der Sonnengott der Mode trug Sonnenbrille, und diese Sonnenbrille war zugleich Accessoire als auch Schutzbrille. Sie bot Schutz vor der schnöden Wirklichkeit, vor der Auseinandersetzung mit der eigenen Realität, auch wenn er Handschuhe und Stehkragen schon vorher trug. Karl Lagerfeld wurde alt? Kein Problem: Die große Sonnenbrille verhüllte das stetige Nagen des Zahns der Zeit. Er wurde dick? Kein Problem: Sein Fächer ab 1990er-Jahren lenkte vom moppeligen Doppelkinn ab. Sein Hals wurde durch das starke Abnehmen immer faltiger? Kein Problem: Der hohe weiße Kragen verdeckte den knittrigen Hühnerhals. Aber auch die Hände zeigen deutlich, wie alt man ist. Kein Problem: Coole Handschuhe verdecken auch diese auskunftsfreudigen Hautpartien. Ansonsten aber: Karl Lagerfeld war relativ alterslos, im Gegensatz zur Berufsjugendlichkeit eines Wolfgang Joop.

Der korrekte Medienmensch

Das Besondere an Karl Lagerfeld war zum einen diese seltsame kulturelle Mischung, die er in sich vereinte: er wirkte in seiner Sprache und seinen Ansichten fast schon preussisch korrekt, lebte und wirkte aber in Frankreich, dem Land der Lebenslust. So füllte er in ästhetisierten Ansichten den Posten des autodidaktisch gebildeten Stil- und Benimm-Lehrers der Nation aus. Seine Eigenmarke als Mensch, Person und Unternehmer hingegen baute er über die Jahrzehnte durch Medienpräsenz auf. Gerne gab er Interviews, zeigte sich bei der Arbeit oder war sich nicht zu schade für die Ideen der Journalisten. Lagerfeld wusste, dass er und sein Name langfristig in aller Munde sein mussten, um als Marke auch für die Masse ein Begriff zu sein – und das war er.

Mode- und Medienwelten

Dabei tanzte er auf allen Hochzeiten: Nicht nur für die Haute Couture zeigte verantwortlich, die maßgeschneiderten Einzel-Entwürfe in Handarbeit für einen sehr betuchten Kundenkreis, auch Prêt-à-porter-Mode, also Standardgrößen-Konfektionsware auf hohem Niveau zeigte er verantwortlich, zudem unternahm er vereinzelt Ausflüge in den Bereich Mode für den Massenmarkt. Für den deutschen Medienkonsumenten war Lagerfeld der Zugang zu einer Welt des Anspruchs gekoppelt mit Selbstverliebtheit, ein Nirwana der Äußerlichkeiten, in dem Karl Lagerfeld wie ein vertrauenswürdiger Reiseführer erschien.