Michael Jackson war ein Musiker – aber zu seinem kommerziellen Erfolg hat beigetragen, dass er ganz der klassische amerikanische Entertainer war, wie vor ihm viele andere wie Dean Martin, Fred Astaire oder Sammy Davis junior. Nutzten Entertainer als Unterhaltungskünstler in früheren Zeiten das Fernsehen als Massenmedium, war Jackson ein Protagonist der MTV- und dann der You-Tube-Generation.

Seine Wirkung verdankt Michael Jackson dem massiven Einsatz von Musikvideos, die mitunter von bekannten Regisseuren gedreht wie kleine Kurz-Spielfilme angelegt waren. Denn sie waren im weltumspannenden Medienzeitalter der Multiplikator, der ihn als singenden und tanzenden Entertainer ideal transportierte. Jacksons Absicht, vielleicht auch Filmstar zu werden, scheiterte sowohl mit dem abendfüllenden Kinofilm „Moonwalker“ (1988), der ausnahmsweise mal mit keinem Superlativ bedacht wurde, als auch mit dem fast 40-minütigen „Ghosts“-Kurzfilm (1996), bei dem Michael Jackson noch einmal vergebens tief in die Trickkiste aller filmischen Möglichkeiten gegriffen hatte.

Musik-Videos am laufenden Band

Michael Jackson hatte dennoch über die Jahre einen vollen Terminkalender in Sachen Musikvideo-Drehs. Von 1979-2001 produzierte er 39 solcher Promotion-Videos als Solokünstler, das sind in den 12 Jahren, in denen Videos begleitend zu seinen Alben erschienen, durchschnittlich drei pro Jahr. Von den 39 Videos waren 14 Langvideos mit über sechs Minuten Laufzeit – ein paar davon sogar in der Länge von 10 Minuten und darüber. Daneben hatte Michael Jackson Gastauftritte in Videos befreundeter Musiker, tourte ausgedehnt oder nahm an diversen Live-Veranstaltungen, die im Fernsehen übertragen wurden, teil. Er war also multimedial oder live stets omnipräsent.

GesichtsunfallMichael Jacksons Botschaft: „Ich!“

Dabei war seine zugrundeliegende Botschaft die Überhöhung seiner selbst als Superstar und „King of Pop“. Teils nahm das groteske Züge an, die an Größenwahn erinnerten und öffentlich diskutiert wurden, als etwa überlebensgroße Statuen von Jackson zu Werbezwecken aufgestellt wurden. Bedenkt man, dass Jackson Musiker war und als Tänzer zudem viel Zeit in die Choreografie (die meist von anderen erdacht war) seiner Video- oder Liveauftritte steckte, ist es erstaunlich, mit welcher Leidenschaft er sich auch dem Medium „Video“ widmete. Spätestens aber bei „Moonwalker“ als Kinofilm stellte sich heraus, dass das, was als Promotionvideo gut funktionierte, inhaltlich zu wenig war für einen Kino-Film. Da halfen auch seine Ansätze nicht, in Videos immer wieder für Völkerverständigung oder ökologisches Denken zu werben.

Imagetransfer: Von der Musik zum Bewegtbild

Zwischen dem Video zu „Billie Jean“ von 1983, das sowohl ihm auf MTV den Durchbruch als Videostar brachte als auch MTV zum Massensender beförderte, und „Stranger in Moscow“ von 1996 liegen 13 Jahre. In dieser Zeit vollzogen sich die größten Erfolge Michael Jacksons. Wirkt „Billie Jean“ als Video heute etwas künstlich und stilistisch aus der Zeit gefallen, ist „Stranger in Moscow“ stilsicher und zeitlos. Diese beiden Videos bilden in ihrem Spannungsfeld das Schaffen Michael Jacksons als Musik-Video-Entertainer ab. Kaum ein anderer Künstler hat in seinen Videos so viel unterschiedliche Ansätze ausprobiert, vor allem aber: kein anderer Künstler hat das Medium „Musikvideo“ so konsequent ernst genommen und in seine Erfolgsstrategie mit eingebunden. Im Laufe der Zeit wurden seine Musik und deren visuelle Vermittlung zu gleichberechtigten Partnern. Heute würde man sagen: Die Videos brachten eine weitere gefällige Ebene ins „Storytelling“ des kalkulierten Mythos „Michael Jackson“.