WouldKid. Der Mann, der sich hinter dem Pseudonym „Woodkid“ verbirgt, der Fanzose Yoann Lemoine, ist ein Kind der Werbung. Vergleicht man seinen Werdegang mit den Werdegängen von Popstars alten Kalibers, so kann man an seinem Beispiel überdeutlich feststellen, dass sich einiges geändert hat. Rock- und Popmusik waren schon immer eine Schlangengrube mit aberwitzigen Interessen zwischen Anspruch, Kunst und Unterhaltung auf der einen Seite und musikalischem Ausverkauf, persönlicher Überforderung und haarsträubenden Kommerzinteressen auf der anderen. Aber Popmusik von heute erscheint, selbst wenn sie so schön und gut gemacht ist wie bei Woodkid, oft nur noch wie ein Placebo – ein Platzhalter für etwas, das vorgibt, echt und authentisch zu sein. So, wie Werbung das eben immer vorspiegelt: Aus Standardessen werden „Delikatessen“, wer raucht, bekommt keinen Lungenkrebs, sondern hat das „große Abenteuer“ gebucht und jeder Popmusiker hat etwas zu sagen, selbst wenn er nur Plattitüden absondert. Deshalb bekommt, wer am besten lügt, auf Werbefestivals die meisten Preise. Also wird der, der mit der Werbung groß geworden und durch sie sozialisiert worden ist, denken wie die Werbung: Er plant den Erfolg am grünen Tisch und organisiert ihn generalstabsmäßig. Wenn ein Sänger, der überhaupt kein mediales Gesicht hat – man kennt die Strategie von Sido und seiner damaligen Silbermaske – dann tut er etwas, um visuell medial verwertbar zu sein: Zum Beispiel läßt er sich einen Vollbart wachsen, damit das Gesicht freakiger und markanter wirkt und setzt sich eine Kappe auf. Viel ist dann von dem Gesicht nicht mehr zu sehen. Reichweite mit seinem ersten Lied „Iron“ bzw. mit der gleichnamigen EP hat Lemoine vor allem als berieselnde Hintergrundmusik in der Werbung bekommen. Die EP wurde bereits am 28.11.2011 veröffentlicht, hat also zwei, drei Jahre gebraucht, um Aufmerksamkeit zu erhalten. In der Zwischenzeit diente die Musik also als werbliche Untermalung für einen international ausgestrahlten Werbespot oder bei Modenschauen, bis sie ins Bewusstsein der Zuhöhrer drang. Auf seiner Webseite führt Lemoine brav all seine Auszeichnungen als Regisseur auf – es sind allesamt Auszeichnungen aus der Werbewelt. Alles andere um seine Musik herum – sein Outfit oder die Doppelschlüssel-Symbolik – wirkt wohl kalkuliert als Teil einer kommunikativen Strategie. Es sieht unter Umständen nur so aus, als hätte Lemoine etwas zu sagen. Er ist ein Multitalent, kann begnadet illustrieren, fotografiert und führt Regie – aber alles für Werbeagenturen in der großen weiten Werbewelt. Wenn man sich zu sehr verkauft, kann das im Ausverkauf enden. Aber bestimmt gibt es auch dafür bei einem Werbefestival irgendwo auf der Welt einen Preis. Kommentieren.