Der superschlimme „Life-is-Short“-Film. Wer kennt Daniel Kleinman? Wahrscheinlich kaum jemand. Daniel Kleinman ist ein Regisseur meist kleiner filmischer Werke aus der Werbung, vor allem aber für Musikvideos.

Über 100 davon hat er gedreht, darunter auch etwas Längeres wie für die Madonna-Live-Tour The Virgin Tour oder damals Bekanntes wie Don’t you für die Simple Minds. Er hat aber auch die Vorspänne der letzten James-Bond-Filme gedreht.

Mann der Stunde: Der beste Werbefilm-Regisseur

Für sein kommerziell-filmisches Wirken wurde er als Commercial Director of the Decade gekürt, gemeint ist das erste Jahrzehnt in unserem Jahrhundert. Und auch seine Produktionsfirma Rattling Stick wurde entsprechend mit Lob überschüttet.

Spielkonsolen: Ballern statt leben

Tatsächlich innovativ ist der Spot für Microsofts X-Box Champagne geraten, der hier oben zu sehen ist. „Life is Short“ heißt der. Und um die Zeit optimal zu nutzen, so die tiefgreifende Botschaft dahinter, soll man möglichst viel mit der Spielkonsole rumballern.

Eine Kreation der Agentur Bartle Bogle Hegarty

Die Idee zum Werbefilmchen hatte Bartle Bogle Hegarty (BHH) aus London, eine der damaligen Top-Kreativagenturen in der weiten Werbewelt. Schließlich bekam der Spot 2002 sogar einen Gold Cannes Lions Award. Zu Recht? Denn der Film hat andernorts hohe Wellen geschlagen, weil die BBC sich weigerte, ihn auszustrahlen. Die Independent Television Commission (ITC) fand ihn aggressiv, schockierend und geschmacklosVor allem wohl, weil der fliegende Protagonist am Ende blasphemisch-gewalttätig landet und so sehr unsanft und unelegant aus dem Leben scheidet. (Wie eigentlich jeder von uns.)

Werbebotschaft: Sinnloses Leben

Und was ist da zu sehen? Ein Leben von der Geburt bis zum Sterben in unter 30 Sekunden. Ein Video, das zwischen Surrealismus und hartem Realismus schwankt. Auch in gewisser Weise eine Special-Effects-Orgie, weil nichts von dem, was da zu sehen ist und dabei irgendwie real wirkt, so irgendwo in der realen Welt zu sehen wäre. Ein Werbespot auch, wie er wohl nur für ganz wenige Kunden zu realisieren ist.

Depression und Angst in der Werbung

Eigentlich macht er nach traditioneller Auffassung alles falsch, was man falsch machen kann: Er ist völlig geschmacklos, hat keine Story, macht sogar Angst, ist pessimistisch bis zur Endlos-Depression – und der Slogan kann es auch nicht mehr rausreißen. Denn man müsste sagen: Life is too short for playing. Eigentlich ist der Kürzestfilm keine Werbung mehr, sondern eine bittere Aussage über das Leben und seine Unabwendbarkeiten.

Der Werbefilm als Kunstform

Solche Spots machen Mut und sind der Beweis dafür, dass Werbung in Ausnahmefällen gar nicht so oberflächlich sein muss, auch wenn es in der Regel nur um des Effekts willen geschieht. Das Ergebnis zählt. Interessant zu sehen übrigens, wie die immer gleiche Mechanik funktioniert: Die einen zensieren und verbieten, die anderen preiskrönen und die Dritten reiben sich ob des medialen Effekts die microsoftigen Hände.