"Alles halb so wild" labert das Bundesamt, aber Anreicherung ist alles.

Im Spiegelei lauert der Dioxin-Tod.

Heiner Geissler, in der Bundeskanzler-Ära Helmut Kohls ehemals mächtiger und provokativer CDU-General-Sekretär, sagte heute in einer Fernseh-Sendung, dass man den Kapitalismus abschaffen muß, dass der nämlich nicht konsensfähig wäre.

Anstatt dessen, das habe sich auch seine Partei, die CDU, auf die Fahnen geschrieben, sei eine ökologisch und sozial ausgerichtete Marktwirtschaft das politische Ziel. Das Kapital müsse im Dienst des Menschen stehen – und nicht umgekehrt.

Kapitalismus gegen Volks-Gesundheit

Rechthatter. Tatsächlich bedeutet Kapitalismus, dass einige Wenige ihre Interessen durchsetzen – auf Kosten des Allgemeinwohls. Wie das konkret und plastisch aussehen kann, sieht man aktuell am Dioxin-Fett-Skandal. Nur wer das den Futtermitteln für Tiere beigefügte Fett streckt, kann besonders satte Gewinne einsacken. Harles & Jentzsch, das Unternehmen, das die dioxinbelasteten Fette vertrieben hat, konnte für eine Tonne Industriefett 500 Euro verlangen, eine Tonne Futterfett wirft doppelt soviel ab. Überhaupt scheint für alle Akteure in der Tierfutter-Kette der ganz große Gewinn erst dann möglich, wenn die Qualität des Futters durch Strecken der Bestandteile gesenkt wird – Volksgesundheit ade.

Was bisher geschah

Das Unternehmen Harles & Jentzsch hat offensichtlich Dioxin-belastetes Futterfett an Futtermittelhersteller geliefert. Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit befanden sich in dem Futterfett technische Mischfettsäuren, die für die Papierherstellung gedacht waren. 4.700 Betrieben wurden zwischenzeitlich der Vertrieb ihrer Produkte untersagt, weil ca. 3.000 Tonnen kontaminiertes Tierfutter bereits seit März 2010 in den Handel kam. Nun werden politische Stimmen laut, die eine Verschärfung der Gesetze fordern. Nach geltendem Recht darf, wer Lebensmittel mit gesundheitschädlichen Substanzen versieht, maximal 3 Jahre Gefängnis erwarten, sehr oft aber auch nur Geldstrafen – ein harter Schlag für Volksempfinden und Volksgesundheit.

Die Zusammensetzung des Tierfutters

Nur zwei Drittel des Futters für die Nutztier-Ernährung werden nämlich noch natürlich produziert. Bei der Speiseöl-Erzeugung bleiben Sonnenblumen- oder Sojaschrot zurück, die dem Tierfutter in großen Mengen hinzugefügt werden (bis zu 20%). Mineralien und Vitamine kommen bis zu 4% vor. Maximal 30% stammen aus den Abfällen der Lebensmittel-Industrie. Schließlich kommt noch bis zu 3% Fett hinzu – der teuerste Bestandteil, der oft durch minderwertige Mischungen verbilligt wird, damit die Rendite stimmt.

Die große Hoffnung

Vielleicht wird es zukünftig eine neue Kreislauf-Wirtschaft geben, die alle Abfälle und giftigen Industrie-Substanzen direkt in Lebensmittel umwandelt. Das Nutztier-Problem bzw. das Futtermittel-Problem werden sich erst dann erledigen, wenn die Menschheit vollständig ausgestorben ist, weil es nichts Ungiftiges mehr zu essen gibt.

Die pragmatischste Hoffung: Die iPhone-Rettung

Es geht aber auch anders. Vielleicht verhindert das iPhone den Untergang der Menschheit. Im Appstore soll eine App erhältlich sein, die den Code von Hühner-Speise-Eiern mit der Internetseite Dioxinei.de abgleicht. Man kann so an Ort und Stelle im Supermarkt die Eier, die man kaufen will, scannen und überprüfen, ob sie belastet sein könnten. Diese Software-Lösung basiert auf dem kostenlosen Programm „Barcoo“, das bisher dafür genutzt wird, Informationen zu Testberichten oder Nachhaltigkeits-Informationen zu erhalten. Kurz: Informationstechnik rettet die Menschheit. Apple sei dank! Andererseits: Wenn man daran denkt, unter welchen Umständen das iPhone produziert wird, nämlich von Foxconn in Fernost unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen, relativiert sich die Rettung der Menschheit dann doch wieder.