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Umleitung Gesichtsverkleidung: Maskerade als Zugang und Reise(s)pass zum anderen eigenen Ich

Die Hardrock-Gruppe Kiss ist legendär nicht für ihre Musik sondern für ihre Maskerade. Sido wäre ohne Metallmaske nie berhmt geworden. David Bowie ist der Thin White Duke und Major Tom und viele andere – jedenfalls ist er wie viele andere Pop- und Rockstars in immer neue, wechsende Verkleidungen geschlüpft.

Sich zu verkleiden, eine Maske zu tragen und dies zu zelebrieren, scheint ein Grundbedürfnis des Menschen zu sein, der Ehrlichkeit hoch hält und doch gruppenbedingt und situationsbezogen der geborene Schauspieler zu sein scheint – Schauspielen als eine Überlegensstrategie.

Die Persönlichkeit als formbare Verhandlungsmasse

Ob im Karneval, beim Maskeball, zu Halloween, auf Themenparties, in der Politik oder um am Arbeitsplatz oder in der ehelichen Gemeinschaft zu überleben: Der Mensch schauspielert (gerne). Weil er ein anderer sein muss, oft auch weil er ein anderer sein will. Das Schauspielern und die Maskerade als maskiertes und verstecktes Selbst sind das Austesten anderer Persönlichkeits-Facetten und Persönlichkeitsebenen. Manchmal ist Maskerade aber auch ein notwendiges Rollenspiel mit sich selbst als virtuellem Zwilling.

Zeigen und verstecken als Teil des Schauspielerns

Selten im Leben liegen Versteckspiel und Offenbarung so eng beieinander wie beim Tragen einer Maske. Denn die Maske erlaubt den zwanglosen Umgang mit dem eigenen Selbst. Andererseits: Darth Vader, Batman und sein Gegenspieler, der Joker, viele andere Superhelden, Du und ich – alle maskieren sich, um sich zu schützen, um ihr wahres Ich zu verbergen. Und doch offenbart die Wahl der Maske auch einiges über ihren Träger. Das Düster-Morbide eines Darth Vader; Batman, der für sein Outfit ein Tier gewählt hat, das sich nachts hervorragend orientieren kann; der Joker, der zwar seiner Maske ähnelt aber durch das richtige Schminken die mimische Dramatik steigert.

Im Verstecken zeige ich mich: Unsichtbare Masken machen etwas sichtbar

Masken sind nicht immer sichtbar. Verhaltensmaskerade zeigt nach außen hin den einen Menschen, während man nach innen ein ganz anderer ist. Wer den Menschen kennt und sieht, welche Maske er gewählt hat, erfährt über diesen Menschen mehr, als der denkt.

Es werde Licht: Der blinde Fleck in der karibischen Sonne

Die Maske ist so gesehen der kreative Umgang mit dem blinden Fleck, jenes Bereiches des Selbst, den man mit eigenen Augen nicht überwinden kann. Die Maske ist eine Art und Weise, den blinden Fleck hinters Licht zu führen. Denn in der Erfahrung mit der anderen Person, die man auch ist, in Maske, fremdem Outfit, mit verstellter Stimme oder geschminktem Gesicht, liegt die Reise zu den Möglichkeiten der Charaktererweiterung oder Charakterveränderung. Maskieren ist zugleich Flucht und Ankommen im eigenen Selbst. Solange man eine ungefähre Ahnung hat, wer man sein könnte, ist das Versteckspiel als Gewinnspiel mit dem eigenen Selbst eine Aktienoption mit Zukunft. Eine Art Facebook, das in Kriegszeiten für den Frieden übt.

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