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Filmvergleich: „Dune“, „Gier“, „Meuterei auf der Bounty“ und „Heaven’s Gate“

Platte

Die Fimgeschichte ist durchsetzt mit großen Filmen, die Publikumsmagnete wurden und in Erinnerung blieben. Andersherum gibt es einige Filme, die die produzierenden Studios wegen der Ambition oder des Größenwahns ihrer Macher in arge Bedrängnis brachten und die wegen ihres Budgets und ihres Anspruchs im Bewusstsein blieben. Hier drei Beispiele ambitionierter aber kommerziell gescheiterter Filme:

„Gier“ von Erich von Stroheim…

…aus dem Jahr 1924 war einer von vielen Filmen des Regisseurs, die nie in ihrer ursprünglichen Fassung im Kino gezeigt werden konnten. Der Perfektionist hatte für seinen Film bis zu 10 Stunden Material, das er in zwei Teilen ins Kino bringen wollte, letztlich ließ das Studio das Filmmaterial auf 145 Minuten für einen Einzelfilm kürzen. An den Kinokassen war das umstrittene Werk dennoch Gift.

„Meuterei auf der Bounty“…

…von 1962 war mehr ein Projekt des Schauspielers Marlon Brando und seiner Exzentrik als das der Regisseure, die daran gearbeitet hatten. Das Südsee-Epos kam mit einer immer noch beachtlichen Länge von 178 Minuten in die Kinos nachdem ein längerer Prolog und ein Epilog geschnitten worden waren. Mit ca. 19 Millionen Dollar Produktionsbudget galt der Film damals als einer der teuersten allen Zeiten. Zunächst führte Carol Reed Regie, danach Lewis Milestone. Der finanzielle Mißerfolg führte zum einen dazu, das Brando in Hollywood unten durch und kein Garant mehr dafür war, dass ein Film mit ihm zum Publikumsmagneten wurde. Seine Egomanie hatte nicht nur den Regisseurswechsel herbeigeführt, sondern auch das Budget in astronomische Höhen geschraubt, wodurch MGM selbst in finanzielle Nöte geriet.

„Heaven’s Gate“ von Regisseur Michael Cimino…

…aus dem Jahr 1980 kostete ca. 45 Millionen Dollar, was für die damaligen Verhältnisse zumal für einen Western astronomisch hoch war. Das kommerzielle Scheitern des Films trug mit dazu bei, das das Filmstudio United Artists an Metro-Goldwyn-Mayer verkauft werden musste. Der Film in der von Camino den Produzenten zuerst vorgelegten Version lief 325 Minuten lang und wurde auf 220 Minuten gekürzt.

Doppelter Boden: Produktions-Freibriefe für Film-Genies

Diese drei Filme haben einige Gemeinsamkeiten, die auch bei der Verfilmung von Dune/Der Wüstenplanet ausschlaggebend waren. Zunächst steckte hinter jedem der drei Beispiele ein Besessener. Sowohl von Stroheim, als auch Brando und Cimino hatten eine Vision, die sie gegen die üblichen Standards der Produktionsstudios aufbegehren ließ. Alle drei galten als perfektionistische Koryphäen ihres Metiers. Von Stroheim wurde als Regiewunderkind angesehen, Brando war lange Zeit ein Kassenmagnet und galt als bester amerikanischer Schauspieler, der zugleich Massen und Medien faszinierte, und der Freifahrtschein für Cimino war sein vorheriger Film The Deer Hunter/Die durch die Hölle gehen aus dem Jahr 1978, der nicht nur kommerziell erfolgreich war, sondern die Thematik Vietnam-Trauma in nie da gewesener Intensität zum viel diskutierten nationalen Ereignis machte. Der Film wurde zum Medienereignis und stand im Zentrum eines politischen Disputes zwischen Amerika und Vietnam. Danach hatte er für seinen nächsten Film freie Hand. Alle drei waren also in den unterschiedlichen Filmepochen Wunderkinder Hollywoods, denen die Studios aufgrund ihrer ersten Erfolge viel zutrauten und ihnen deshalb zunächst freie Hand mit großen Budgets ließen.

Filmlänge als Marketing-Faktor

Gemeinsam war allen drei Filmen vor allem eine exaltierte Länge. Filmstudios wollten jedoch traditionell nicht gerne Filme, die länger als ca. 2 Stunden liefen, weil sie fürchteten, für längere Filme nur ein kleines Publikum finden zu können. Die oben genannten Filme in ihrer Erstversion wurden so lang, weil ihre Inhalte in ungewöhnlich ausführlicher und epischer Breite dargestellt wurden.

Historische Zusammenhänge

Alle drei Filme verarbeiten somit historische Stoffe und wollten in einem ausführlicheren Rahmen geschichtliche Zusammenhänge zusammenführen. Die Studios reagierten bei allen Filmen gleich: Sie kürzten die Stoffe, um sie marktgerechter zu gestalten. Im Falle von Meuterei auf der Bounty war die Kürzung weniger erheblich und der Film blieb mit 178 Minuten immer noch fast drei Stunden lang. Im Fall von Heaven’s Gate waren die Kürzungen gravierender und es wurde vor allem in den Schnitt des Filmes eingegriffen. Bei Gier war das Ausgangsmaterial im Hinblick auf seine Laufzeit mit Abstand am längsten, es wurden daber nicht nur Prolog und Epilog komplett entfernt, sondern auch ganze Handlungsstränge herausgeschnitten. Witzig bleibt, dass dennoch alle drei Filme inzwischen als cineastische Meisterwerke gelten, die auf DVD oder Blu-ray in längeren Fassungen publiziert wurden.

Der Filmschnitt als Crux

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass im Hollywood-Filmbusines gerade vergangener Tage, bei dem es um das Spannungsfeld zwischen Kommerz und kreativ-künstlerischen Aspekten geht, ein Film nicht sachgerecht gekürzt wird. Das Hauptkriterium war eine kompakte Laufzeit. Ob dadurch die Erzähllogik und der Erzählrhythmus dem Schnitt zum Opfer fielen, war zweitrangig. Heute im Zeitalter der Triologien und Mehrteiler wie Matrix, Star Wars, Herr der Ringe oder Kill Bill, hat ein Umdenken stattgefunden, das allerdings mit inzwischen etablierten ökonomischen Verwertungsketten im globalen Maßstab zusammenhängt. Der Film ist als zentrales Marketingprodukt eingebettet in ein schier unendliches Merchandisingnetz, das aus astronomischen Produktionsbudgets noch astronomischere Gewinne generiert.

David Lynchs „Dune/Der Wüstenplanet“

Ähnliches wie für die vorgenannten Beispiele gilt auch für Dune, den Film nach Frank Herberts Science-Fiction-Roman Dune/Der Wüstenplanet, 1984 von David Lynch mit einem 42-Millionen-Dollar-Budget verfilmt. Auch dieser Regisseur galt als Wunderkind des Films, der mit Eraserhead und Der Elefantenmensch Meisterwerke mit Kultcharakter geschaffen hatte. Auch Dune brachte seine Produktionsgesellschaft Dino de Laurentis in Bedrängnis, weil er finanziell nicht die Erwartungen erfüllte. Dune bearbeitete zwar keinen historischen Stoff dafür aber einen überkomplexen, der nach einer überlangen Laufzeit strebte.

Laufzeit von „Dune/Der Wüsterplanet“

Letztlich wurde das Material an Lynch vorbei auf 137 Minuten gekürzt. Eine Version, die Jahre später für das Fernsehen aufbereitet wurde, kam auf 177 Minuten (auf der Außenseite der DVD-Fassung in der Regel mit 180 Minuten angegeben). Nichts davon war für den Zuschauer befriedigend, wobei die 177-Minuten-Fassung offenbarte, wie willkürlich der vorherige Schnitt gewesen war und sowohl die Logik der Handlung als auch den Erzählfluss torpedierte. Auch für Lynch sollte Dune eigentlich sein Opus Magnum werden. Seine ursprüngliche 220-Minuten-Fassung war aber für das Kino verstümmelt worden und ließ letztlich nur ahnen, was aus dem Film hätte werden können.

Kommt eine adäquate Version?

Ein Unterschied zu den anderen drei Filmbeispielen ist, dass das Ambitionierte des Filmes zwar zu Tage tritt, dass aber keine Version die Kritiker überzeugen konnte. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Lynchs Werk nicht nur dem Schnitt zum Opfer fiel, sondern auch mit Budgetkürzungen zu kämpfen hatte, durch die zum Beispiel die Umsetzung manchen Spezialeffekts (wie der durchsichtigen Kampfschilde, der Reise der Navigatoren durch Zeit und Raum oder den Ritt auf den Wüstenwürmern) nicht überzeugend ausfielen. So wie bei Erich von Stroheims Gier ein Großteil des Filmes für immer verschwunden bleibt, weil die herausgeschnittenen Teile wohl vernichtet worden waren, so wartet die Welt im Falle des Wüstenplaneten noch auf die endgültige Fassung.

Das Video oben zeigt einen Ausschnitt, der in der ersten Kinofassung nicht enthalten war. Zu sehen ist dort, wie unzureichend die technische Umsetzung wegen Sparzwangs war, nachdem der Film beim Dreh finanziell aus dem Ruder gelaufen war.

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