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Wie man ein musikalisches Erbe mit Füßen tritt: „Michael“, Michael Jacksons angeblich neues Album

Michael Jackson umgedeutet, das hat mit seiner Musik nicht mehr viel zu tun.

Es gibt zwei Möglichkeiten, Kunst für die Massen zu produzieren. Zum einen die genialische, die aus einem brachialen Impuls heraus entsteht, nicht geübt und einstudiert wird, sondern einfach da ist. Alles muß beim ersten Mal klappen. Der berühmte deutsche Regisseur Rainer-Werner Faßbender hat in seiner Anfangszeit explizit so gearbeitet.

Wer so arbeitet, hinterläßt kein überflüssiges Material. Alles, was er aufgenommen hat, landet im Film oder im Falle eines Musikers auf der CD. Die andere Möglichkeit ist, perfektionistisch immer weiter zu feilen, alles hundert Mal aufzunehmen, wie der britische Meisteregisseur Stanley Kubrik, der auf diese Weise dem perfekten und durchdachten Film sehr nahe gekommen ist. Oder eben wie Michael Jackson, dessen ständiger Begleiter die Frage war, ob er auch wirklich gut genug ist.

Man kann über die Alben und die Karriere Michael Jacksons denken, was man will, aber eines ist völlig klar: Kaum ein anderer Unterhaltungs-Künstler hat sich so reingekniet in seine Kunst, so viel gegeben, damit sie perfekt wird, wie eben Michael Jackson. Seine besten Scheiben waren deshalb so groß, weil er immer weiter gemacht, immer noch mehr gefeilt hat. Herausgekommen sind dabei nicht nur Veröffentlichtes sondern auch jede Menge unveröffentlichtes Material. Nach seinen Maßstäben sollte dieses Material auch nie veröffentlicht werden, weil er nur das Beste wollte, das Pefekteste – für sich und für sein Publikum.

Jetzt ist das Album „Michael“ herausgekommen, das wie ein Schlag ins Gesicht des Künstlers ist. Es hört sich an wie ein fader Aufguß, der mit großem produktionstechnischen Aufwand und Namedropping versucht hat, aus dünnen Demos irgendetwas herauszuholen – meist auf dem Wege der Sangesunterstützung durch andere Interpreten, was den sehr unverwechselbaren Gesang Jacksons verwässert. Man stelle sich eine Flasche des wertvollsten Weines der Welt vor, den jemand mit Mineralwasser streckt – ein Frevel.

Schlimmer als dieses 2010er-Weihnachtsfest kann kein Weihnachtsfest für einen Michael-Jackson-Fan ausfallen. Sich so an dem Meister zu vergehen, ist unverzeihlich. Es ist schrecklich, es sollte eine Gesetz erlassen werden, das die posthume kreativ-künstlerische Vergewaltigung des Werkes eines Künstlers unter Strafe stellt. Es sollte in Kindergärten die Aktion gestartet werden „Jedem Kind ein echter Michael Jackson-Song“.

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