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Die dpa-/Medien-Ma(r)schinerie: Im Gleichschritt entgleisende Gleichschaltung gleichgerichteter Gleitkoma-Informationen

Seit es das Internet gibt und man zu tagesaktuellen Themen lesen kann, was die Online-Ableger der großen Tages-Zeitungen und die der regional tätigen Tageszeitungen schreiben, offenbart sich augenfälliger, was man in der alten analogen Nicht-Gleichzeitigkeits-Welt noch nicht so einfach bemerken konnte: Die Gleichschaltung der Informationen. Und der Bundesgerichtshof hat gestern ein weiteres, wegweisendes Urteil gefällt, bei dem es um das Internet geht.

Denn wer hat sich früher schon ein Dutzend Tageszeitungen und ein paar Wochenmagazine und -Zeitungen gekauft, um zu vergleichen? Wer sich die Mühe gemacht hat, auch nur die großen Tageszeitungen zu vergleichen, konnte leicht darauf kommen, dass in den Mainstreammedien jenseits der Kommentare die informationelle Basis in der Regel nicht sehr voneinander abweicht. Das beeinflusst die Weltsicht und wirkt negativ auf die Gesellschaft ein.

Tageszeitungen und Alt-Medien: Kennst du eine, kennst du alle?

Wer sich heute die Mühe macht, Begriffe in seine Suchmaschinenmaske einzugeben, die für  tagesaktuell relevante Ereignisse oder Personen wie Jörg-Kachelmanns-Prozess oder Theodor zu Guttenbergs Rücktritt oder Anette Shavans Doktorarbeit stehen, wird sich wundern – oder eben nicht mehr wundern, weil er sich dran gewöhnt hat, dass in vielen Artikeln die grundleghenden gleichen Informationen enthalten sind – dass es lediglich wenige Marginalien gibt, die voneinander abweichen. Das wesentliche ist deckungsgleich.

Kein Geld, keine Zeit: Ende des anspruchsvollen Journalismus?

Beklagt wird ja seit längerem, dass es für anspruchsvollen Journalismus, bei dem auch Zeit und Geld dafür da sein müssen, vernünftig recherchieren zu können, weniger Platz gibt als früher. Der Zeitgeist ist danach, weil die Massen sich an verdummende mediale Formate wie „Deutschland sucht den Superstar“, „Dschungelcamp“, „Die Wollnys“ oder „Die strengsten Eltern der Welt“ gewöhnt haben und politisch verkommen sind. Dazu ist es auch gekommen, weil die politische Kultur zum weichespülten Permanent-Make-Up-Konsens neigt und alle kritischen Fernsehformate der öffentlich-rechtlichen Sender seit jeher in die späten Abendstunden verbannt wurden. Zum anderen treiben durch das Internet bedingte Umwälzungen in der Medienlandschaft Verleger in die Paranoia. Und inzwischen kann ja jeder seine Meinung, die früher heimlich, still und leise in den eigenen vier Wänden verblieb oder zumindest nicht über den Freundeskreis hinaus ging, in den sozialen Medien verbreiten bzw. breittreten. Der schlechte Geschmack und die weiter verdummende Dummheit feiern fröhliche Urständ, die mediale Verbrämung potenziert den Effekt.

Der Bundesgerichtshof (BHG): Internet gehört zur Grundversorgung

Und überhaupt: Der Bundesgerichtshof hat gestern, am 24.01.2013 aufgrund der Klage eines Privatmannes gegen Freenet, das von 1+1 gekauft worden war, entschieden, dass der Internetzugang mit Webseitenaufruf und E-Mail-Verkehr Teil unserer Lebensgrundlage ist. Der Mann hatte aufgrund eines Fehlers des Providers wochenlang auf seine Telekommunikationsdienste verzichten müssen. Mit dem höchstrichterlichen Urteil im Rücken kann er nun auf Schadensersatz klagen. Damit wäre jetzt auch das grundlegende Recht auf persönliche Selbstverdummung juristisch legitimiert.

Nachrichtenagenturen: Das Nadelöhr für die Informationen der Welt

Die Gleichschaltung kommt, neben dem Aspekt, dass für viele Verlage Journalismus nur ein Produkt ist, das Gewinn abwerfen soll – und dabei verblödende Unterhaltung besser abschneidet als anspruchsvolle Berichterstattung – ursprünglich aus einer anderen Notwendigkeit heraus. Presse- und Nachrichtenagenturen wie dpa, AP oder Reuters beliefern einen Großteil nicht nur der deutschen Tageszeitungslandschaft, sondern auch Radiosender oder Magazine. Zählt man noch einige kleinere und größere Spezialagenturen dazu, so zeigt sich, dass viele Nachrichten in einer kanalisierten Form in die Medien dringen. Die Deutsche Presse Agentur (dpa) ist dabei die größte. Sie ist in Besitz von etwa 190 Medienunternehmen, von denen jedoch niemand Mehrheitsanteile über 1,5% des Stammkapitals hinaus erwerben kann, damit eine zu plumpe Einflussnahme ausgeschlossen wird. Dennoch fällt auf, dass natürlich nicht alles, was Relevanz hätte und auch nicht alles, was im täglichen bzw. tagesaktuellen Rhythmus nicht greifbar ist, von so einer Agentur wahrgenommen wird und Aufmerksamkeit findet. So haben Themen, die das Internet betreffen, große Teile der Medienlandschaft sehr spät erreicht. Selbst „Der Spiegel“, als eines der wichtigsten Presseorgane in Deutschland, hat zu spät auf die Umwälzungen reagiert, die das Internet mit sich brachte.

Etablierte Medien und dpa: Blind und hinterher hinkend?

Die dpa ist selbst in die Schlagzeilen geraten, weil sie unzureichend recherchierte Flaschmeldungen verbreitet hat oder weil man ihr eine zu starke Regierungsnähe nachgesagt hat. Ein Indiz dafür, dass eine international aufgestellte Nachrichtenagentur, die 800 Meldungen pro Tag produziert, für ein Medium auch mal fragwürdiger sein kann als ein eigenes Korerspondentennetzwerk, das besser hinterfragt und kontrolliert werden kann, jedoch für kaum jemanden zu finazieren ist. Eine Nachrichtenagentur wie die dpa wurde ins Leben gerufen, um die unbeeinflusste Vielfalt der Information sicherzustellen. An der Berichterstattung der Mainstreammedien über die Occupy-Bewegung vor allem in den USA aber auch hier in Deutschland hat man gesehen, dass das Internet wahrhaftiger und schneller berichten kann, während etablierte Medien und ihre Zulieferer solche neuen Phänomenen nicht gerecht werden. Es scheint sich durch das Internet und seine multimedialen Möglichkeiten eine neue Art etabliert zu haben, wie sich Informationen verbreiten – und die etablierten Medien hinken hinterher. Den Verlegern wird dabei ihr Leistungsschutzrecht auch nicht weiterhelfen.

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