Im Zeitalter der Digitalisierung und der Medialisierung, von Computer und PDA kommt klassischen Schreibgeräten – Füllern, Kugelschreibern, Tintenrollern, Filz-, Bunt- und Bleistiften – keine große Aufmerksamkeit mehr zu. Sicher, man verwendet sie, aber man denkt nicht mehr viel über sie nach.

Wir von Endoplast schreiben und zeichnen auch noch ganz traditionell. Das hat was. Wir machen uns darüber Gedanken, welche die besten, die schönsten, die besitzenswertesten sind, und welche Schreibgeräte uns am besten bei Arbeit und Hobby unterstützen.

Wir beginnen heute mit einem sehr seltsamen Schreibgerät, das wir für 1 Eur in einem 1-Euro-Laden erstanden haben.

Er wirkt auf den ersten Blick nicht wie ein Kugelschreiber. Er wirkt nicht hochwertig. Er ist seltsam. Aber wir lieben ihn: Den Raketenkugelschreiber.

Er wirkt auf den ersten Blick nicht wie ein Kugelschreiber. Er wirkt nicht hochwertig. Er ist seltsam. Aber wir lieben ihn: Den Raketenkugelschreiber.

So sah er aus, als wir ihn gekauft haben. Zusammengeklappt wirkt er wie ein Spielzeug oder ein billiges Kinder-Klappmesser. Er ist nicht schwer, komplett aus Kunststoff. Immerhin stinkt er aber nicht. Wir haben deshalb die Hoffnung, dass uns beim Schreiben nicht eine Schwermetallvergiftung ereilt.

Rechts oben sieht man ein schwarz-glänzendes Oval. Drückt man da drauf…

Außer hui, innen hui: Das Raumschiff öffnet sich und der Alien blickt mit zusammengekniffenen Augen dem Tageslicht entgegen.

Außen hui, innen hui: Das Raumschiff öffnet sich und der Alien blickt mit zusammengekniffenen Augen dem Tageslicht entgegen.

…öffnet sich das Ganze. Das rote Äußere spaltet sich in zwei Teile, die nach links und rechts wegklappen. Aus der Mitte schiebt sich unglaublich schnell per Federmechanismus das silberne Innentel, das die Kugelschreibermiene beherbergt, nach vorne. Für das Foto mußten wir die roten Außenteile künstlich zusammenhalten, damit man die Bewegung begreift.

Wie eine Blüte entfaltet sich der Exot. Die Bewegung ist mit dem bloßen Auge kaum nachzuvollziehen.

Wie eine Blüte entfaltet sich der Exot. Die Bewegung ist mit dem bloßen Auge kaum nachzuvollziehen.

Die Spitze wirkt wie ein Flugzeug- oder Raketenrumpf. Sie ist mit dem roten Außenteil, der sich wieder zusammenklappt und dann den unteren Schafft bildet, über zwei schwarze Stege verbunden. Die Kraft, die das silberne Teil heraus- und nach vorne schnellen läßt, die am Anfang gleichzeitig das rote Äußere teilt, zieht es mit der gleichen Bewegung, die nach Außen weist, über diese Stege auch wieder zusammen.

Billig aber durchdacht: Glücklich schätzen wir uns als Käufer, die wissen, was sie wollen, wenn wir in einer Nische am Ende des Regals etwas finden, das wir nicht erwartet hätten.

Billig aber durchdacht: Glücklich schätzen wir uns als Käufer, die wissen, was sie wollen, wenn wir in einer Nische am Ende des Regals etwas finden, das wir nicht erwartet hätten.

Das alles, das Aussehen und die Mechanik, treffen uns unerwartet. Es wirkt wie Science Fiction pur. Aber der Hersteller macht Ernst: Es funktioniert. Es hätte theoretisch alles sein können, nun aber atmen wir beruhigt und kontemplativ auf – es ist nich Al Quaida, es ist nichts zum Stechen, keine Granate, kein Kokon eines Außerirdischen. Es ist vielmehr ein einfacher Kugelschreiber, der so schnell aus der Versenkung aufgetaucht ist, damit wir beim Telefonieren nicht zuhören müssen und lächelnd kritzeln können. Das Knöpfchendrücken geht übrigens mit etwas Übung locker mit einer Hand.

Das ist er in all seiner Pracht. Wir sind erstaunt: Ausgewogene Proportionen und eine Ehrfurcht gebietende Endform...

Das ist er in all seiner Pracht. Wir sind erstaunt: Ausgewogene Proportionen und eine Ehrfurcht gebietende Endform…

Im Sommer im Straßencafe sitzen und diesen Billigkugelschreiber zücken und mal eben ausfahren lassen – das könnte die oberflächlichen Gespräche augenblicklich zum Verstummen bringen. Es ist ein Zucker-Design-Teil. 1 Euro. Unglaublich.

Leider liegt er nicht so gut in der Hand. Aber er schreibt. Vielleicht für jemanden mit Extrem-Pranken.

Leider liegt er nicht so gut in der Hand. Aber er schreibt. Vielleicht für jemanden mit Extrem-Pranken.

Als wir mit ihm schreiben, kommt die Ernüchterung. Ja, er schreibt, ok. Aber der dicke Schaft liegt nicht gut in der Hand. Auch ist jetzt schon klar, dass es nicht lange dauern wird, bis sich der Verschlußmechanismus abgenutzt haben wird und nicht mehr richtig zuklappt. Klappt er aber nicht mehr richtig zu, wird er aufgrund der Federwirkung, der man eine Kraft entgegensetzen muß, geöffnet bleiben müssen.

Wir sind trotzdem nicht sauer. Wir haben für diesen kleinen Stift – im Gegenteil – einen kleinen Pappaltar gebastelt, vor dem wir jeden Abend niederknieen und dem Erfindungsreichtum und der Ingenieurskunst des Produzenten dieses Schreibgerätes Tribut zollen. 1 Euro: Was wir dafür als Gegenleistung erhalten haben, befriedigt uns in jeder Hinsicht. Danke. Wir danken Dir. Du hast uns bereichert, unserem Leben eine neue Dimension hinzugefügt. Du hast es bunter gemacht. Du hast uns gezeigt, dass man mit wenig Aufwand, mit geringen Ressourcen, viel, sehr viel, erreichen kann. Wir wollen diese Maxime auf unser ganzes Leben übertragen, doch warten wir noch damit, bis wir das nächste Schreibgerät rezensieren dürfen.