Liebesdrehwurm

Gibt es einen Gott und gibt es die Liebe? Manches lässt sich nicht beweisen, gerade das nicht, von dem man nur annimmt, dass es vorhanden sei.

Ließe sich eine Gottesexistenz beweisen, wäre der Glaube tot, denn an etwas, was zweifelsfrei bewiesen wäre, kann man nicht mehr glauben. Wissen und Glaube schließen sich aus. Und könnte man die Liebe beweisen, wäre die Liebe gefühllos und also: totanalysiert. (Und selbst wenn, wäre ein theortischer Beweis der Liebe nicht mehr als eine Momentaufnahme.)

Wissen und Versagen

Rationales Wissen zersetzt tastend-fühlenden Glauben. Doch zu glauben, ist nicht etwa nur die Abwesenheit von Wissen. Denn es gibt Bereiche, in denen Wissen nicht existiert oder sogar in seiner vermeintlichen Unvermeidlichkeit schädlich wäre. Zum Beispiel wenn es um die eigene Zukunft geht.

Beweis und Zukunft

Denn würde man sich ganz realistisch darauf konzentrieren, was man darüber weiß, was man alles nicht kann und wozu man nicht fähig wäre, würde man sich die eigene vielleicht positive Zukunft verunmöglichen. In diesem Fall kann der ausschließliche Beweis für die Möglichkeiten einer Zukunft sein, dass es jemanden gibt, der zuversichtlich handelt: Ein Mensch, der glaubt, lebt seinen Glauben, er handelt im Glauben. Er ist in Person der einzige und relevante Beweis dafür, dass etwas eintreten wird.

Glaube und Realität

Glaube verursacht Realität, Realität bedingt Glaube. Ein Kreislauf. Die Existenz des gläubigen Menschen ist der Gottesbeweis. Beweis ist hier nicht im Sinne des Wissens sondern im Sinne des Glaubens gemeint: Wissen ist neutral in seiner Feststellung, Glaube ist tendenziös und gefühlsgesteuert. Gefühle erzeugen Visionen, Visionen ermöglichen Realitäten. Realitäten schaffen Fakten. Fakten dienen der Beweisführung.

Gefühl und Widerspruch

An etwas zu glauben, dass es vielleicht nicht gibt, ist aus Sicht des Wissens mutig. Mut bedeutet, dass das Ziel des Mutes es wert ist, tatsächlich die Kraft dafür aufzuwenden. So ist auch ein liebender Mensch der Beweis dafür, dass es die Liebe gibt. Ein Mensch, der Gefühlsgewissheit einfordert, ist die Liebes-Widerlegung, ein Mensch der Gott beweisen will, die Gottesnegierung. Wäre Gott nur im Glauben existent und würde man diesen Glauben durch Wissen zerstören, würde man auch Gott vernichten. Wer die Liebe beschreibt, zerstört sie, wer die Liebe spürt, beweist sie.

Mut und Dummheit

Man könnte „Mut“ aber auch durch „Dummheit“ ersetzen. Denn genauso wie es mutig sein kann zu glauben oder zu lieben, genauso kann es auch dumm sein. Andererseits ist es für einen denkenden Menschen mutig, dumm zu sein. ;-)