AssangeRevanche: Julian Assange, Programmierer, Hacker, preisgekrönter Journalist, Gründer von Wikileaks, der Internet-Plattform, die politische Geheimnisse an das Licht der Öffentlichkeit gebracht hat, spricht über Edward Snowden, der in dessen Tradition zu sehen ist. Assange ist kaltgestellt worden. Er lebt in London in der Botschaft von Ecuador, in der er Asyl erhielt. Wegen Vergewaltigungsvorwürfen wollte ihn England an Schweden ausliefern, von wo aus er vermutlich weiter in die USA ausgeliefert worden wäre, die ihn wegen des angeblichen Verrates militärischer und anderer Geheimnisse unter Anklage stellen würden.

Eigentlich stellt sich im Zusammenhang mit Julian Assange, mit Edward Snowden und auch Bradley Manning, der Assange im Hinblick auf die Collateral-Murder-Videos informiert haben wird, die Frage nach der Rechtmässigkeit der offiziellen Reaktionen.

Die Collateral-Murder-Videos

Bei den Collateral-Murder-Videos ging es darum, dass Soldaten aus dem Hubschrauber heraus unbewaffnete Zivilisten Vielleicht aus Mordlust erschossen hatten. Zwar ist der Vorfall insgesamt im Rahmen von Kampfhandlungen zu sehen, jedoch offenbaren die Videos, dass der Hubschrauber nicht beschossen wurde. Ums Leben kamen unter anderem zwei unbewaffnete Korrespondenten der Nachrichtenagentur Reuters. Zwei Kleinkinder überlebten den Anschlag schwer verletzt. Der Vorfall war später vom amerikanischen Militär untersucht worden, das Handeln der Soldaten wurde dabei gerechtfertigt, sie wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Offensichtlich handelt es sich dabei aber um ein Kriegsverbrechen, das verschleiert werden sollte. Bradley Manning, ein junger amerikanischer Soldat, konnte das wohl nicht mit seinem Gewissen vereinbaren und leitete die Videos weiter an Wikileaks, das sie im Internet publizierte und kommentierte. Bradley Manning ist seitdem inhaftiert. Ihm wird Geheimnisverrat zur Last gelegt. Dessen hat sich auch Julian Assange schuldig gemacht. Beiden droht in letzter Konsequenz die Todesstrafe.

Whistleblower Edward Snowden

Im Falle Edward Snowdens liegt der Fall ähnlich. Nun stellt sich die Frage, welche anderen Möglichkeiten, als die Öffentlichkeit aufzusuchen, sie gehabt haben. Man denke daran, dass deutsche Regierungsbehörden, um Steuersündern auf die Spur zu kommen, unrechtmässig entwendete Adressdaten gekauft haben, also Geld für Daten aufgewendet haben, die gestohlen worden waren. Die Argumente dies zu tun, haben zwei Dimensionen:

  1. Die Informationen deckten Straftaten auf, waren also innerhalb einer Übereinkunft zu sehen, die
  2. dem Allgemeinwohl diente.

Beides wäre aus deutscher Sicht im Falle von Bradley Manning und Julian Assange gegeben, die Beweise für Morde offenbart haben, und im Falle von Edward Snowden, der die unrechtmässige, weltweite Überwachung und Ausspähung unter Verletzung von Freiheits- und Bürgerrechten publik gemacht hat.

Überwachung mit Prism und Tempora

Aus amerikanischer Sicht mag gerade der Fall „Edward Snowden“ anders liegen, genaueres kann man nicht sagen, weil nicht klar ist, wie und in welchem Umfang die Überwachung und Wirtschaftsspionage über Prism durch die NSA/USA und durch Tempora/England erfolgen. Es müsste von der Bundesstaatsanwaltschaft in Deutschland ermittelt werden, und Edward Snowden müsste, wie der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler angeregt hat, als Zeuge eingeflogen werden. Da die Beweisführung hier sehr schwierig wäre und es ein politisches Interesse auf allen Seiten gibt, nicht noch mehr an die Öffentlich dringen zu lassen, wird all das vermutlich nicht passieren.

Gerechtfertigter Geheimnisverrat

Zivilen Ungehormsam nennt man es, wenn ein Bürger in unhaltbare Zustände gedrängt wird, weil er auf legalem Wege einem Unrecht nicht mehr Einhalt gebieten kann. Edward Snowden hätte in den USA sicher keinen Staatsanwalt gefunden, der ermittelt hätte, weil angeblich amerikanische Gerichte „Prism“ und andere die Privatsphäre der Bürger dieser Welt betreffenden Aktionen legitimiert hätten – und wenn nicht, wäre es allen Beteiligten verboten, darüber zu reden.

Edward Snowden in Deutschland?

Denn vieles, was in den USA politisch passiert, ist inzwischen als geheim eingestuft. Politiker, die in Geheimdienstausschüssen teilnehmen und dort des Unrechts Gewahr werden, dürfen nicht darüber sprechen. Ein kafkaeske Situation, die mit einem positiven Verständnis von Demokratie nichts mehr gemein hat. Nach deutschem Recht jedoch sind diese Aktionen illegal. Wäre Snowden also nach Deutschland gereist und hätte hier Anzeige erstattet, weil durch die Abhöraktionen deutsches Recht gebrochen wird, hätte er seine Anschuldigungen beweisen können? Hätte man ihm geglaubt und ein Verfahren eröffnet?

Schutz für den Whistle-Blower?

Wie auch immer, selbst wenn er hier im deutschen Rechtssystem etwas hätte bewegen können, hätte er nach amerikanischem Recht dennoch Geheimnisse verraten. Eine Zwickmühle des globalisierten Weltrechtes, die machtpolitisch ausgenutzt wird. Immerhin hat die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay gefordert, man möge Snowden internationalen Schutz gewähren. Sie fordert darüber hinaus, dass, wer solche Verstöße gegen Menschenrechte offenbare, generell unter Schutz vor Verfolgung gestellt werden solle.

Staatlicher Rechtsbruch

Wir erinnern uns noch einmal an den Fall der gekauften Steuersünder-Daten-CDs: „1.) Die Informationen deckten Straftaten auf, waren also innerhalb einer Übereinkunft zu sehen, die 2.) dem Allgemeinwohl diente.“ Wie anders kann man das sehen, was Wikileaks, Bradley Manning, Julian Assange und Edward Snowden getan haben? Eigentlich kann das nur der Täter nicht, der einen Rechtsbruch begangen hat. Wie entlarvend für die amerikanische Politik.