MerkelZettel. Marmor, Stein und Eisen bricht…aber meine Liebe (zur Politik) nicht. Politik mit Kick? Zumindest Wort-Kickboxen live? Rein von der Tonalität des Gesagten treffen hier zwei Welten aufeinander. Peer Steinbrück, der Kanzler-Kandidat der SPD, mit klaren, leicht schneidenden Worten, Angela Merkel, die CDU-Kanzlerin, der Zuversicht und Optimismus wichtig sind, mit eher allgemein-diffusen Aussagen á la „Wir müssen jetzt arbeiten.“ Sie sagt das so ergebnisoffen, dass es gar nicht darum gehen kann, dass sie eine Lösung bietet, sondern dass man ihr glauben soll, dass sie sich um die Belange der Bürger kümmert. Das ist ihr rhetorisches Geheimnis. Angesichts bedrohlicher Entscheidungen und Zukunftsängste steht sie da und lächelt die Bedrohung milde weg, aber nicht zu lange, um dem Wähler danach zu sagen, wieso alles in Ordnung sei. Angesichts der himmelschreienden Zustände für gesetzlich Krankenversichterte spricht sie von „Einzelfällen“, dass Bundesbürger, ohne sich strafbar gemacht zu haben, flächendeckend überwacht werden, interessiert sie offenbar nicht sonderlich. Sie spielt den Ball einfach weiter und verweist darauf, dass die Überwachung von außerhalb der Bundesrepublik komme. Und Peer Steinbrück? Traut man ihm zu, wesentliche Dinge als möglicher SPD-Kanzler anders zu machen und erfolgreicher zu sein als Angela Merkel? Er setzt klare Aussagen gegen Wischiwaschi, aber ist Klarheit erfolgreicher? Wo bleibt sein Entrüstung über die Zustände? Wo die Betroffenheit? Hat die SPD als Opposition mit den großen, überzeugenden Gegenentwürfen zur CDU-/FDP-Politik geglänzt? Hat sie nicht. Sie wirkt eher farblos. Überhaupt: Hier wurden Sachargumente ausgetauscht, die in vielerlei Hinsicht eine Glaubensfrage sind. Wer wirkt überzeugender? Wer spricht Klartext? Wer vermittelt dennoch, dass eine Lösung für dieses und für jenes Problem möglich erscheint? Kein Politiker wird zugeben, dass manche Entscheidungen wie die Weltwirtschaftskrise im Großen oder die Gesundheitsreform im nationalen Rahmen kaum zu beherrschen sind. Oder dass nie genügend Arbeit da sein wird, um alle in Vollzeit zu beschäftigen. Per Steinbrück war schon leidenschaftlicher. Hier wollte er sich nicht aufs Glatteis einer emotionalen Entgleisung begeben angesichts einer Kanzlerin, die nur vom Dalai Lama an innerer Ruhe getoppt wird. Das Duell bleibt seltsam unentschieden. Keiner hat eine überzeugende Antwort auf die Schuldenkrise. Für Angela Merkel spricht im Moment, dass Deutschland noch nicht zur Kasse gebeten wurde, was aber bald der Fall sein wird. Für Peer Steinbrück spricht, dass er sagt, er hätte die Banken mehr in die Pflicht genommen, vielleicht auch abgewickelt. Hätte er das tatsächlich getan? Leichter Zweifel daran, was möglich gewesen wäre, sind angebracht. So mag man beiden glauben, dass sie das Deutschlandschiff einigermaßen auf Kurs halten könnten – oder aber vielleicht auch nicht. Denn ein Kapitän bzw. eine Kapitänin kann auch nicht viel machen, wenn ein Orkan tobt. Höchstens kann sie die Mannschaft mit wetterfester Kleidung versorgen. Eine echte Aussicht wäre das aber nicht Und so redet keiner drüber, dass unser Wirtschaftssystem schon lange Schlagseite hat und sich nicht mehr aufrichten wird, zumindest nicht so, wie es in stabileren Zeiten der Fall war. Keiner redet darüber, dass sich das System langsam selbst negiert und partiell aufzehrt, ob nun im Gesundheitswesen, bei den Rentensystemen oder beim Arbeitsmarkt, wo alleine Millionen, die Vollzeit arbeiten, dennoch auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Dass die Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Mittel in der Gesellschaft inzwischen mehr als bedenklich geworden ist. Das Ende der sozialen Gerechtigkeit haben wir alle längst erlebt, ohne es wahrzunehmen. Der Übergang war politisch mehrfach ummäntelt. Mehr Realismus über den Tellerrand hinweg und mehr Leidenschaft wären in einer Diskussion darüber erforderlich. Keins von beiden habe ich in diesem Austausch der Argumente gespürt. Angela Merkel gegen Peer Steinbrück: Another Brück in the Wall? Kommentieren.