Schrein

Schon als er ein kleines Kind war, waren sie in ihm gewesen, all diese Wort, die sich im Laufe der Jahre in seinem Kopf vermehrten, sich übereinander beugten, ineinander eindrangen, nicht immer zärtlich und liebevoll, gewalttätig vielmehr blutunterlaufende Abdrücke erzeugend, um in den Sekunden darauf unter schweißnasser Haut und schmerzvollen Schreien, ihre Kinder auf die Welt zu pressen. Manchmal dunkel und trübe, ein anderes mal sich dem Irrwitz beugend taumelnd vom Himmel auf den Boden zu knallen. Dort zu zerbersten und ihre stinkenden Eingeweide zu entleeren. Ihre Bedeutung konnte er in seinem kleinen Kopf noch nicht erfassen, aber sie bewegten sein Herz und ließen ihn auf diese Weise viel zu früh die gegensätzliche Unendlichkeit aller nur denkbaren Empfindungen durchleben.

In der Nacht, wenn er aufwachte, um stundenlang zu schreien, waren es nicht die Krämpfe in seinem Leib, die ihn qualvoll packten und ihm die Augen zusammenpressten, wie seine Mutter vermutete, die ihn sanft wiegend durch die dunkle Wohnung trug oder auf ihrer nackten Haut bettete, darauf hoffend, ihm und ihr endlich die Erholung des Schlafes zu schenken. Und es waren auch nicht die für ein Kind manchmal durchaus bedrückenden Erinnerungen eines grauen Tages, die ihn weckten, wie sein Vater stets den Nachbarn erklärte, die sich nach solchen Nächten sorgenvoll nach dem Kleinen erkundigten und wissen wollten, welchen Kinderkrankheit ihn dieses mal wohl erwischt haben könnte. Der Kinderarzt, die Großeltern, sie hatten alle diese guten Ratschläge parat, tätschelten dem Kleinen den Kopf, brachten ihm daunene Zudecke, seidene Pyjamas und kleine Lämpchen, die sein Zimmer nachts in ein sternendurchflutetes Himmelszelt verwandelten und die es ihm leichter machen sollten, seine ihn quälende Unruhe loszulassen. Und ob dieses Unverstandenseins war er gezwungen weiterzuschreien, bis zu dem Tag, als es ihm das erste mal gelang einen wenn auch kehligen Laut tief aus seinem Inneren herauszuquetschen.