BlickwinkelWas macht man, wenn man ein eigentlich begehrtes Produkt anbietet, das sich aber immer zäher verkauft? Man versucht, das Produkt entscheidend zu verbessern und den Preis herauf zu setzen, um pro Stück mehr zu verdienen. Genau letzteres tut Apple inzwischen. Apple war zwar in seiner Vergangenheit immer innovativ und teuer aber nun scheint es sich einen neuen Weg in preislich noch höhere Gefilde empor zu hangeln. Wie rutschig wird dieser Weg sein?

Ein Problem, das Apple zudem lange Zeit ausser Acht gelassen hatte, ist der Umstand, dass das Unternehmen sich fast ausschließlich um seine Mobil-Produkte „iPhone“ und „iPad“ gekümmert und dafür den angestammten Bereich mit Laptops und Desktop-Computern vernachlässigt hatte. Selbst beim iMac wurden die Aktualisierungszyklen länger, sodass die Produkte hardwaremäßig nicht mehr aktuell waren und Microsoft mit seiner „Surface“-Produktlinie punkten konnte. Apple hat das solange nicht gekratzt, wie das iPhone der Garant für jährlich höhere Umsätze und Gewinne war. Doch das ist nun vorbei.

Zusammenführung von Desktop und Mobil

Ein Problem gegenüber dem Konzept der „Surface“-Konkurrenz von Microsoft als Laptop oder Convertible (ein in ein Tablet wandelbarer Hybrid-Laptop) ist der Umstand, dass bei Microsoft durchgehend Windows10 als Betriebssystem eingesetzt wird. Zwischen Desktop-PC, Laptop oder Tablet bzw. Convertible gibt es also einen durchgängigen Workflow auf einem Betriebssystem. Apple hatte bisher zwei Betriebssysteme, eines, MacOS, für Desktop-PCs und Laptops und eines, iOS, für Smartphone und Tablet. Neuerdings kommt ein weiteres für das iPad und die Apple Watch hinzu. Das hat nicht nur den Nachteil, dass etwa Adobe-Software mit vollem Leistungsumfang wie Illustrator oder InDesign nicht auf den iPads läuft sondern auch andere Einschränkungen wie etwa die Unmöglichkeit, Daten per USB vom iPad auf externe Speichermedien zu bringen. Apple hat inzwischen etwas nachgebessert und erkannt, dass die beiden getrennten Welten zusammengeführt werden müssen. Übrigens ähnlich wie Google, auf dessen Chrome-Betriebssystem inzwischen auch Android-Apps laufen.

Das Problem: Umsatzrückgang bei Apple

Apple war durch die sagenhaften iPhone-Absatzzahlen seit 2007 eines der profitabelsten Unternehmen der Welt geworden. Vor allem schien lange Zeit vorgezeichnet, dass jedes kommende Jahr die Werte des vorherigen toppen würde. Doch damit war 2019 Schluss. 2018 beschloß Apple keine Stückzahlenangaben mehr zu veröffentlichen, weil die iPhone-Verkäufe zunehmend sanken. Das Problem ist, dass Smartphonehersteller sich inzwischen auf gesättigten Märkten bewegen. Zudem ist es schwerer, im jährlichen Rhythmus Innovationen zu präsentieren, die den Kunden zum Neukauf veranlassen. Das Tempo im Smartphone-Markt ist rasant.

Apples Lösung: Höherer Stückpreis

Da die Verkaufs-Stückzahlen im iPhone-Sektor heruntergingen, setzte Apple die Preise erheblich herauf, um den Umsatzrückgang aufzufangen. Das hat zum iPhone Xs Max geführt, das in minimaler Ausstattung 1.249,00 Euro und in Vollausstattung 1.649,00 Euro kostet. Diese Preisgestaltung führt dazu, dass die Kunden verstärkt auf das billigere iPhone Xr zurückgriffen, das zwischen ab 849,00 und 1.019,00 Euro kostet. Bei einem börsennotierten Unternehmen ist ein Zusatzproblem die Reaktion der Aktionäre und der Börsen. Schnell kommt es zu panischen Reaktionen, wenn eines der wertvollsten Unternehmen nicht mehr die üblichen Umsatzsteigerungen bietet.

Trading-Up ins Luxussegment

Das Zauberwort in dieser Situation mag „Trading-Up“ oder „Up-Trading“ sein. Das bedeutet, dass ein Unternehmen wie Apple, das Premiumprodukte herstellt, noch einen Schritt weiter ins Luxussegment geht. Dabei sollen noch bessere Produkte für einen noch höheren Preis geschaffen werden. Die Zielgruppe wird dabei auf sehr zahlungskräftige Käufer verengt. Beim Up-Trading werden normalerweise Faktoren wie die Kundenbetreuung und Kundenberatung verbessert, im Kern wird aber an der Außergewöhnlichkeit des Produktportfolios gearbeitet. Apple hat seit Einführung des iPhone10 seine Smartphone-Palette deutlich verteuert. Zum anderen hat es nun mit dem Mac Pro und dem Monitor und seinem sagenhaft teuren Standfuß High-End-Produkte vorgelegt, die eine Alleinstellung bringen. Zwar gibt es bereits Produkte wie den Dell UltraSharp UP321-8K-Monitor (anstatt 6K bei Apple) aber Apple hat im Design und der Ergonomie im Zusammenspiel mit dem technologisch neuartigen Standfuß vielleicht eine Alleinstellung erreicht.

Bestürzung über Preisgestaltung

Als der Monitor vorgestellt wurde und die Zuschauer durch ein Raunen ihrer Bestürzung über die exorbitante Preisgestaltung Ausdruck verliehen, stellten sich Fragen. Warum etwa hat Apple nicht einen Gesamtpreis für den Monitor mit dem teuren Standfuß genannt und dann kommuniziert, dass man sparen könne, wenn man die günstigere Wandhalterung anstatt des Fußes nehmen würde? Das hätte weniger verschreckt. Offen blieb auch, ob der Monitor mit einem Standardfuß geliefert wird oder ganz ohne, was an eine Unverschämtheit grenzen würde, denn ohne Fuß wäre der Premium-Monitor praktisch nicht für jeden einsetzbar. Aber davon abgesehen wird der 999,00 Dollar teurer Metallstandfuss allerdings auch als Unverschämtheit empfunden.

Premium-Produkte für Spezial-Zielgruppen

Letztlich kamen Kommentatoren des Ereignisses zu dem Schluss, dass sowohl die Mac-Pro-Workstation als auch der Monitor und sein Fuß nicht für einen Massenmarkt bestimmt seien. Die Zielgruppe sei eher klein, etwa Filmemacher, Videoproduzenten, Spieleentwickler, Architekten, Wissenschaftler oder vielleicht noch Fotografen. Es handelt sich also um technologische High-End-Produkte, was auch der Fuss von seinem Anspruch her zweifelsohne ist, die im Businessbereich aber Luxus sind. Der Mac Pro kann tatsächlich auf Metallrollen bestellt werden, ein Hinweis darauf, dass er speziell in der Filmproduktion eingesetzt werden soll, wo viel technisches Equipment auf Rollwagen transportiert wird.

Wer ein Produkt anbietet, kann grundsätzlich zwei Wege gehen:

  • Die Preis-/Mengen-Strategie bietet durchschnittlich gute Produkte zu einem günstigen Preis für einen Massenmarkt. Sie bietet also eine hohe Stückzahl zum geringen Pro-Stück-Preis.
  • Die Präferenz-Strategie bietet hochwertige Marken-Produkte für einen höheren Preis und eine im Verhältnis zur Preis-/Mengen-Strategie kleineren Käuferkreis. Sie bietet also eine vergleichsweise kleine Stückzahl zum hohen Pro-Stück-Preis.

Um eine Strategie zu entwickeln, legt man im Marketing eine Positionierung des Produktes oder der Produktmarke fest. Wobei der Begriff „Marke“ oder „Markenartikel“ meint, dass eine gleichbleibend zuverlässig hohe Qualität flächendeckend geboten wird. Die Marke wäre also ein Qualitätsversprechen. Die Positionierung legt fest, was man der Zielgruppe im Verhältnis zur Konkurrenz an unverwechselbarem Nutzen bietet. Wenn es bereits mehrere Wettbewerber mit starkem Profil gibt, muss man sehen, wo und wie man eine Alleinstellung in einem bestimmten Bereich erzielen kann. Das sind entweder tatsächliche Produkteigenschaften oder ein Image, dass über Werbung und Social Media kommuniziert wird.

Nutzen- und Leistungs-Perspektive

Immer geht es bei einer Marke um das Einnehmen von zwei Perspektiven: Aus der Perspektive des Käufers ist es wichtig, was die Marke ihm als Nutzen bietet. Im Marketing unterscheidet man dabei zwischen Grundnutzen und Zusatznutzen. Aus der Perspektive der Marke als Anbieter ist zentral, welche Leistungen sie bietet und dass sie, je hochwertiger die Marke sein soll, die Leistungsführerschaft in ihrem Marktsegment übernimmt. Je luxuriöser eine Marke sein will, desto wichtiger wird das gesamte Streben des Unternehmens, das Beste (Premiummarke) und Allerbeste (Luxusmarke) zu erreichen.

Was sind die unterschiedlichen Markenkonzepte?

Marke: Eine Marke gibt ein Qualitätsmerkmal- und Verfügbarkeitsversprechen, sie steht für Qualitätsorientierung und Verlässlichkeit, indem sie selbst ihre hochwertigen Eigenschaften definiert. „Marke“ steht entweder für eine Herstellermarke, die von einem Unternehmen produziert wird oder für eine Handelsmarke, wie sie von Vertriebsorganisationen wie Supermarktketten als günstigere Alternative zur Herstellermarke geschaffen wird. Die „Marke“ hat eine hohe Qualität und differenziert sich über den etwas höheren Preis von seinen Mitwettbewerbern.

Prestigemarke: Jede Marke kann zum Statussymbol werden. Ein Statussymbol wird auch „Prestigeobjekt“ genannt. Prestigemarken haben also vor allem den Nutzen, den eigenen Status und das Prestige zu erhöhen, zum Beispiel indem man eine bestimmte Mode trägt. Apple war in jeder Phase seines Unternehmensdaseins eine Marke, die Begehrlichkeiten geweckt hat. In den 1980er-Jahren nutzte jeder, der im Werbe- und Designbereich etwas auf sich hielt, Apple-Computer. Später wurde der iPod als Musikplayer zum Musthave, ab 2007 das iPhone und dann das iPad. Apple hat es durch seine Produktqualität, seine Preispolitik, seine Image-Kommunikation und vor allem seine Innovationsführerschaft in den verschiedenen Bereichen von der Prestige-Marke zur Premiummarke geschafft und ist nun auf dem Weg zur Luxusmarke.

Prosumermarke: Der Prosumer oder Prosument ist ein ambitionierter Verbraucher mit höheren Ansprüchen. Er ist ein Profi-Konsument zum Beispiel aus dem Businessbereich, der nicht irgendeinen Computer für seine Arbeit braucht, sondern einen speziellen, an den er bestimmte hohe Anforderungen stellt.

Premiummarke: Gute Produkte verbessern ihre Qualität, bieten einen Nutzen und einen Statuswert für den, der sie erwirbt. Die hohe Qualität und den Zusatznutzen als Statusobjekt lässt sich die Premiummarke durch einen gemessen am Standardprodukt höheren Preis bezahlen. Apple ist bisher ein Premiumhersteller, der den Anspruch hatte in Soft- und Hardware bessere Geräte als die Konkurrenz herzustellen und diese teurer zu verkaufen.

Luxusmarke: „Luxus“ ist die Steigerung von „Premium“. Wenn man nicht nur gut ist sondern der beste und für diese einmalige Qualität und den Statuswert weitaus mehr als alle anderen erlöst, wird man zur Luxusmarke. Für Apple hieße das, dass sie die mit Abstand besten Smartphones herstellen müsste, was Apple aber inzwischen nicht mehr tut. Längst legen Unternehmen wie Samsung oder Huawaii Innovationen vor Apple vor. Im Bereich der Wearables wie die Audio-Ohrstecker „Air-Pods“ und „Apple Watch“ baut Apple die besten Produkte, mit seinem neuen Mac Pro und dem neuen High-End-Monitor hat Apple ebenfalls ansich Luxusprodukte oder Prosumer-Produkte geliefert. Im Laptopbereich gibt es jedoch seit Jahren technische Probleme, vor allem mit der Tastatur.

Drei Begriffe sind im Zusammenhang mit einer Luxusmarke entscheidend:

  • Exklusivität: Die Luxusmarke muss das beste am Markt bieten. Einmaligkeit, höchste Wertigkeit oder weltrekordverdächtige Leistungen sind hier selbstverständlich. Apple hatte bis heute immer wieder Qualitätsprobleme nicht nur bei der Hardware (sich ablösende Kunststoffböden bei den weißen Mac-Books, Risse in Kunststoffgehäusen bei Laptops und Macs oder fehlerhafte Tastaturen) sondern auch bei der Software.
  • Kompromisslosigkeit: Wer einen sehr hohen Produkt-Preis verlangt, muss zweierlei bieten: Ein einmaliges Produkt, das immer besser wird und ein lupenreines Image. Das hat auch viel mit der Kundenberatung und dem Kundenservice zu tun. Der Firmengründer und damalige Apple-Chef Steve Jobs war ein Besessener, der neue innovative Produkte schaffen und diese immer weiter verbessern wollte. Nach seinem Tod hatte man den Eindruck, dass dem Unternehmen dieser unbedingte Wille zur absoluten Spitzenleistung abhanden gekommen war.
  • Distinktionsfaktor: Luxusprodukte haben vor allem die soziale Funktion der Abgrenzung. „Distinktion“ meint einen besonderen Status, der untermauert werden soll. Was früher Schmuck war oder in modernen Gesellschaften ein Auto, ist heute oftmals das Smartphone, das Tablet oder der Laptop. Nur funktioniert diese Distinktionsfunktion nur dann, wenn Marke und Markenimage über jeden Zweifel erhaben sind.

Die Nutzlosigkeit des Luxus

Die Gesellschaft und ihre Kultur sind durch viel scheinbar Nutzloses oder Sinnloses mit großen Auswirkungen geprägt: dazu gehören die Mode, das Spiel und auch der Luxus. Damit ist gemeint, dass diese und andere Lebensäußerungen nicht dem direkten Überleben dienen bzw. der evolutionären Optimierung. Ihr Nutzen mag in sozialen und ästhetischen Zusammenhängen begründet liegen, die zu einer Ritualisierung führen. Luxus hat sich in Gesellschaften immer schon als ein elitäres Vergnügen abgezeichnet, dessen Hauptsinn Genussempfinden und die Abgrenzung von ärmeren Bevölkerungsschichten war. Aktuell ist im deutschen HipHop etwa eine Verehrung für Gucci und Mercedes zu beobachten. Rapper wollen damit signalisieren, dass sie es geschafft hätten, zur Oberschicht gehören. Luxus hängt mit dem Selbstbild zusammen. Das Luxusprodukt füllt eine Lücke. Man könnte meinen: Wer keinen Sinn im Leben erblickt, findet ihn in der Oberflächlichkeit des Luxus.

Luxusgegenstand Apple-Computer

Hier sieht man eine Analyse zur Zielgruppe des auf der Entwicklerkonferenz Worldwide Developers Conference 2019 (=WWDC19) erstmals vorgestellten MacPro Desktop ab 5.999 Dollar und des Monitors für 4.999 Dollar mit seinem zusätzlich 999,- Dollar teuren Standfuß. Alternativ gibt es eine VESA-Wandhalterung für 200 Dollar. Damit aber nicht genug: Ein Mac Pro kann in der besten Ausstattung bis zu 50.000 Dollar kosten.

Nachfolgend ist zu sehen, wie man den hohen Preis für den Apple-Monitorfuß sachlich erklären und rechtfertigen kann.

Fehlerhafte Luxus-Produkte

Was Apple tut und überlegt, wirkt fast wie eine symbolische Handlung im Hinblick auf unsere westlichen Gesellschaften: Wachstum um jeden Preis. Gibt es dieses Wachstum nicht mehr, werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Ein Umsatzrückgang wäre ein Gesichtsverlust, obwohl er das nicht sein müsste. Apple hat mit dem Mac Book Pro aus Aluminium ab 2010 einen Premium-Laptop hergestellt. Inzwischen machen flachere Mac Book Pros eher Negativschlagzeilen. Die Tastatur ist zu anfällig und Apple ist in mehreren Anläufen nicht in der Lage gewesen, das Problem zu beseitigen bzw. weigerte sich sogar zunächst, nachzubessern. In einem anderen Fall wurde der neue i9-Prozessor zu heiß und konnte seine Leistung nicht entfalten. Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Technik zum Teil überzüchtet ist und Schnickschnack auf Kosten von Robustheit geht. Das sind Qualitätsmängel, die nicht zum Luxussegment passen.