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Wie macht man ein Produkt erfolgreich? Darauf gibt es zwei Antworten, die sich auf die Innensicht des Produzenten und die Außensicht des Konsumenten beziehen: Zum einen hat der Produktentwickler eine Idee für ein Produkt. Sofern dieses Produkt neue Eigenschaften bietet, hat es die Chance, gekauft zu werden.

„Kaufen“ heißt, dass das Produkt auf einem Markt verfügbar ist. Und das bedingt die andere Perspektive der Außensicht: Am Markt gibt es eine fortwährende Konkurrenz der Produktideen und Produkteigenschaften. Es ist zwar nicht gesagt, dass sich zum Beispiel das beste Produkt durchsetzt, aber Eigenschaften, die Nutzer begeistern, haben gute Chancen wahrgenommen und damit zum schlagkräftigen Verkaufsargument zu werden.

Smartphone und Produkteigenschaften

Es geht darum, einen neuen Nutzen zu bieten. Dieser neue Nutzen wird über ein Nutzenversprechen kommuniziert. Besonders schön sieht man das im Markt der Smartphones der permanenten Umwälzung von Eigenschaften und Innovationen. Die beste Kamera etwa mit Zeitlupeeinstellungen, Bildauflösungen, Maskierungen, Unschärfeeinstellungen oder intelligente Funktionen der Gesichterkennung für Fotos mit lächelnden Gesichtern – die Liste der Eigenschaften allein im Fotobereich ist lang.

Grundnutzen und Zusatznutzen

Es kommen zahllose andere Nutzeneigenschaften hinzu: Randloses Display, aktivieren des Smartphones per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung, Schnelligkeit für rechenintensive Spiele, Akku-Langlebigkeit, Bruchsicherheit oder insgesamt die Verarbeitungsqualität. Man spricht davon, dass sich der Nutzen eines Produktes aufspaltet in den

  • Grundnutzen, der sich auf technisch-physikalische Eigenschaften aber auch etwa auf die Komfortabilität und leichte Handhabung des Betriebssystems bezieht. Man kann ihn auch als „direkten Nutzen“ oder „Hauptnutzen“ bezeichnen. Es geht hier oft um technische Funktionen oder Funktionalitäten der Handhabung. Zum anderen geht es um den
  • Zusatznutzen, der dem Smartphone als Accessoire der Persönlichkeit weitere psychologisch wirksame Eigenschaften zuweist. Den Zusazunutzen kann man „indirekten Nutzen“ oder „Nebennutzen“ nennen.

Zusatznutzen und Individuum

Man kann diese Zweiteilung auch unterscheiden nach einem verobjektivierbaren Nutzen und einem subjektiven Nutzen, wobei etwa der Statusnutzen eines iPhones auf der Zugkraft der Marken „Apple“ und „iPhone“ basiert. Im Empfinden der Zielgruppe wird der Besitz eines iPhones im Verhältnis zu Android-Smartphones als wertiger angesehen. Der Zusatznutzen seinerseits wird wiederrum in zwei Bereiche geteilt, zum einen den

  • Geltungsnutzen, der sich auf Gruppenzugehörigkeit und die soziale Eingebundenheit bezieht und damit soziale Bedürfnisse befriedigt, sowie zum anderen den sogenannten
  • Erbauungsnutzen, der sich auf die individuelle persönliche Affinität zum Produkt bezieht und damit persönliche Gefühle befriedigt. Hier geht es um das ästhetische Empfinden, dem das Produkt mit seinen Eigenschaften entspricht. Ebenso um die Ergonomie der Software und der Hardware. Für Aufsehen sorgte zum Beispiel Apples „MacBook Air“, das seinerzeit nicht nur der flachste Laptop war sondern durch seine Keilform (hinten höher, vorne flacher) einen besonderen Eindruck machte.

Erbauungsnutzen und Produkt-Überhöhung

Der Erbauungsnutzen reicht bei einer besonderen Bindung zwischen Mensch und Produkt bis in den Bereich der Transzendenz und der „Magie“ von Produkt und Marke. Dabei kann der Konsument das Produkt bei besonderer Identifikation mit diesem bis hinein ins Pseudoreligiöse überhöhen. Der Glaube an das Produkt wird dabei zu einer Lebens-Konstante. Erfüllt die Marke auch zukünftig ihre Nutzenversprechen, generiert sie treue Fans der Marke und bindet sie weiter. Entspricht eine Kultmarke dem aber nicht, kann die Enttäuschung auf Konsumentenseite sich ebenso sehr ins Negative verkehren wie sie vorher deutlich positiv war.

Echter Nutzen in einer Konkurrenzsituation

Man kann davon ausgehen, dass echter Nutzen auf Kundenseite Aufgaben erfüllt und Probleme löst. Dabei übernimmt die Technik Leistungen, die bisher vom Menschen zu erbringen waren, etwa früher manuelle Belichtung über einen Fotovergrößerer im eigenen Fotolabor und heute automatische Belichtung eines Fotomotives über einen Dienstleisterautomaten. Allerdings ist der physikalisch-technische, verobjektivierbare Teil inzwischen austauschbarer geworden, deshalb ist der Zusatznutzen oft der entschedende Aspekt. Das gilt insbesondere für Märkte mit hohem Konkurrenzdruck und vielen Akteuren.

Produkteigenschaft „beste Smartphone-Kamera“

Dass die Verobjektivierung von Eigenschaften jedoch ebenfalls komplexer geworden ist, zeigt sich in den kurzintervalligen Innovationszyklen der Smartphonemärkte. Welches Smartphone z.B. die beste Kamera hat, ist deshalb nicht mehr so einfach zu sagen, weil die Kamerafunktionen so zahlreich geworden sind. Ob Apple die besten Kameras bietet, Google mit seinen Pixel-Phones oder Sony ist interpretierbar – je nachdem, welchen funktionalen Schwerpunkt man setzt. Es lässt sich zum Beispiel in einem Vergleichstest schon nicht so einfach sagen, welche Kamera ein Vordergrundmotiv am besten automatisch frestellt, damit man den Hintergrund unscharf stellen kann, weil ein und dieselbe Kamera bei einem bestimmten Motiv gute Arbeit leistet und bei einem anderen weniger gute. Auch die Kamera des Konkurrenzherstellers hat starke Seiten und schwache, und auch diese sind motivabhängig.

Nutzenkommunikation und Nutzenversprechen

Daran sieht man, dass es bei hochkomplexen Eigenschaften, die sich in Menge und Detailqualitäten nicht mehr einfach überblicken lassen, wieder um die Vermittlung dieser Eigenschaften geht. Das heißt, der Kommunikation dieser Eigenschaften und allgemeiner der Imagebildung bezüglich Hersteller und Produkt kommt eine entscheidende Rolle zu. Von diesem Gedanken ausgehend wird klar, dass der Nutzen eines Produktes und das kommunizierte Nutzenversprechen wie zwei Puzzleteile ineinandergreifen. Das eine wäre ohne das andere nicht denkbar. Denkbar wäre aber, dass ein unrichtiges Nutzenversprechen die Erwartungshaltung des potenziellen Käufers falsch ausrichtet. Nutzenaspekte sind zentral innerhalb der Positionierung eines Produktes im Marketingkonzept. Das Ziel ist immer der unverwechselbare Nutzen im Hinblick auf die Konkurrenzangebote. Aber noch nie war das so schwierig wie heute.