Schlingpflanzenmann

Ich gucke kein Fernsehen und schon gar keine Serie. Das heißt, eigentlich doch. Aber meist nur ein paar Minuten lang, bis ich angewidert ausschalte – vor allem deshalb, weil ich genervt oder gelangweilt bin, und ich nicht fassen kann, wie mir stereotyp und klischeehaft immer wieder das Gleiche im neuen Gewand dargeboten wird. Das, was ich da sehe, interessiert mich einfach nicht, es unterhält mich nicht und es ist unspannend. Was nur machen Serienschöpfer bei mir falsch?

Es gibt Ausnahmen, also Serien, die ich doch gerne gucke. Was mich aber im Nachhinein befremdet, ist der Umstand, dass sich bei den wenigen Serien, die ich ursprünglich gerne geguckt habe, beim Nochmal-Schauen mitunter dann doch Ernüchterung einstellt, bis ich also beim zweiten Mal Schauen schnell wieder abschalte. Denn eine Serie sollte schon im Detail einiges zu bieten haben, dass man sie gerne noch einmal anschaut, obwohl man sie bereits kennt.

Schauspielkunst: Titus Welliver als Harry Bosch

Gründe, die für ein nochmaliges Gucken einer bereits gesehenen Serie sprechen, können zum Beispiel sein: die dichte Erzählweise der Amazon-Prime-Serie „Bosch“ gekoppelt mit der Schauspielkunst der Darsteller und dem äußerst gelungenen Casting. Diese Serie ist zudem gespickt mit intelligent verschachtelten Details.

Glaubwürdigkeit: Bryan Cranston als Walter White

Gerade in der glaubwürdigen Verkörperung der Hauptperson durch Schauspieler Titus Welliver als Harry Bosch oder eines Bryan Cranston als Walter White in „Breaking Bad“ oder als Hal in „Malcolm mitten drin“ kann das erneute Gucken zum Genuss machen. Dabei hängt die Verkörperung einer Figur auch mit ihrer Charakterisierung und Dramatisierung zusammen – und die ist sowohl bei Bosch und noch mehr bei „Breaking Bad“ oder dessen Prequel „Better call Saul“ äußerst gelungen.

Was machen die meisten TV- und Streaming-Serien falsch?

Es ließen sich viele andere Kriterien aufzählen, was eine TV-Serie richtigmachen kann. Dazu aber mehr in der nächsten, dritten, Folge unserer Serie. Aber zunächst: Warum sind viele Serien so schlecht? Wieso produziert selbst ein Konzern wie Disney, der die finanziellen Mittel hätte, „StarWars“-Serien, die der Rede nicht wert sind? Was sind die Fehler, die dazu führen, dass man von Serien gelangweilt ist oder sich Serien gar nicht mehr anschauen kann?

TV-Serien-Fehler 1: Vorhersehbarkeit

Es ist schlimm, wenn man relativ schnell ahnen kann, wie eine Serie verlaufen wird. Wenn man dann annimmt, dass etwas Bestimmtes als nächstes passieren wird und es passiert in der Serie tatsächlich, hat die Serie schon zu Anfang den Beweis angetreten, dass sie es nicht wert ist, weitergesehen zu werden – weil man als Zuschauer schneller ist als die Serie. Vorhersehbarkeit ist das Gegenteil von Überraschung und somit auch der Tod der Spannung. Da man als Fernsehzuschauer schon sehr viele Serien gesehen hat, ist es für die Serien-Macher:innen nicht leichter geworden zu überraschen. Klischees überfluten den Zuschauer, etwa:

  • Die schwangere Tote.
  • Der Vater oder die Mutter, die den Mord zugeben, bis sich kurz vor Ende ergibt, dass das schützenswerte Kind der Täter war.
  • Der Gesetzeshüter, der ein tiefgreifendes persönliches Problem hat, zum Beispiel Alkoholiker ist, drogenabhängig, depressiv, geisteskrank oder gar selbst kriminell geworden ist – all das war irgendwann mal neu und originell und eine beachtenswerte Form von Realismus. Das ist es nun aber nicht mehr.

TV-Serien-Fehler 2: Abgenudelte Plots

Bestimmte Themen und Erzählweisen hat man als Serienzuschauer also schon oft kennengelernt. Sie sind dem Rezipienten in Fleisch und Blut übergegangen. Filme- und Serienmacher:innen machen oft den Fehler, dass sie auf Masse setzen. Hat also ein Serienkiller in der Vergangenheit zum Beispiel 6 Menschen umgebracht, müssen es nun 60 sein. Oder war er in der Vergangenheit schon recht brutal muss er nun monströse Methoden entwickeln. Oder der Plan seiner Morde wird immer größer und ausgedehnter bis hinein in die absolute Unglaubwürdigkeit. Was man nicht bedenkt, ist, dass die Erhöhung der dramatischen Dosis den Zuschauer schon längst abgestumpft hat. Die Welt wimmelt längst von immer monströseren und unwahrscheinlichen Plots. Das führte zu Plots/Handlungsgerüsten, die nur noch vom Schockeffekt leben und selbst das nicht mehr schaffen. Und das führt zu einem weiteren Problem:

TV-Serien-Fehler 3: Unglaubwürdigkeit

Was muss jede Geschichte sein, ob Fantasy, Science-Fiction-, Krimi-, Ritter- oder Wildwest-Geschichte? Glaubwürdig. Glaubwürdigkeit ist in der Popkultur kein absoluter Begriff. Es kann nämlich etwas, das auf dem Papier sehr unglaubwürdig klingt, richtig dramatisiert und gut gespielt plötzlich doch glaubwürdig wirken. Es geht also darum, in der Serie etwas auf eine bestimmte Art darzustellen, das der Zuschauer nicht von sich weist und bald sogar glaubt, weil es in sich schlüssig ist. Selbst witzige Serien wie „Big Bang Theory“ oder „Seinfeld“ verkörpern in ihren – gemessen am realen Leben – unglaubwürdigen Geschichten die übergeordnete Glaubwürdigkeit eines abseitigen Nerd-Weltbildes. Sie sind also in sich und innerhalb ihrer speziellen, detailliert ausgeformten, Welt glaubwürdig. Hier ist Konsequenz beim Verfassen der Drehbücher gefragt. Aber warum kann etwas nicht glaubwürdig sein?

TV-Serien-Fehler 4: Mangelnde Folgerichtigkeit

Das liegt meist an der falschen Aufeinanderfolge von Ursache und Wirkung. Beispielsweise würde man von einem Menschen, der in einem Serien-Krimi entführt wurde, etwas Bestimmtes als Reaktion erwarten. Etwa Angst oder ein stilles Nachdenken, wie er sich aus der Situation befreien kann. In jedem Fall muss die Handlung in einem folgerichtigen Verhältnis zu dem stehen, was zuvor geschehen ist. Der Protagonist könnte auch etwas ganz Anderes tun als das, was man erwartet hat, aber es muss dann erklärt werden, warum er so handelt und wie dies im Verhältnis nicht nur zu den vorherigen Geschehnissen steht sondern auch zur handelnden Person, ihren Charaktereigenschaften und ihrer Geschichte. In vielen Serien fehlen Erklärungen, die beim Zuschauer Verständnis erzeugen oder es passiert etwas, das psychologisch nicht folgerichtig wäre. Damit gerät die Konsistenz der ganzen Geschichte ins Wanken. Vorhersehbarkeit, ausgelatschte Plots, Unglaubwürdigkeit und mangelnde Folgerichtigkeit – offenbar gibt es bei den Serienfehlern einen Dominoeffekt, der schwerwiegende Folgen hat. Eine spannende Serie zu erzählen, ist tatsächlich schwieriger geworden als früher aber warum?

TV-Serien-Fehler 5: Falsche „Themen-Variation“

Jede Kultur repetiert ihre Themen. Das heißt, auch in der Hochkultur ist nicht alles neu, sondern bestimmte Themen und Ausdrucksformen werden variiert. Gelingt das gut, ist das Ergebnis spannend und interessant, gerade weil man ja die Vergleichsmöglichkeiten hat. Als die Serienbilder laufen lernten, war alles neu und alles interessant, weil noch nichts vorhanden war, an dem man das Neue messen konnte. Auch waren die Zielgruppen klarer und überhaupt erschien die Welt einfacher als heute. Das heißt, die Serienmacher hatten noch nicht das Problem, dass sie eine Serie konzipierten und ähnliche Konzepte waren da schon dutzendfach realisiert.
Doch als es irgendwann die zehnte Krimiserie gab, war es nicht mehr genug, einen exotischen Handlungsort zu wählen, wie etwa bei „Hawaii Fünf-Null“ (1968–1980, und beim Remake „Hawaii Five-0“ von 2010-2020). Gelungene Variationen des Genres „Krimiserie“ war etwa die Serie „Columbo“ (1968–1978, und danach von 1989–2003), die Mord als Denkaufgabe zwischen Ernst und Witz zelebrierte oder im Gegenteil in „Starsky&Hutch“ (1975–1979) gewalttätig und actionorientiert. Doch seitdem hat man als Fernsehzuschauer viele Krimis und ihre thematischen Varianten gesehen. Eine Variation als etwas zu verstehen, in der die Hauptfigur eine charakterliche Besonderheit hat, genügt nicht mehr. Das Gesamtkonzept aus Personen-Konstellation, Ort der Handlung und Komplexität des Falles muss überzeugen. Die Frage ist, ob es gelingt, die Genre-Variation überraschend neu zu gestalten. Dabei geht es auch um einen inhaltlichen Zeitbezug oder um Schauspieler, die in die Zeit passen.

TV-Serien-Fehler 6: Unpassendes Casting

Manche Serien kranken daran, dass die Schauspieler:innen nicht zu ihrer Rolle passen. Auch Stars oder die Anhäufung von Stars sind kein Garant für das Funktionieren einer Serie oder eines Filmes. Ein falscher Schauspieler am falschen Ort ist das beste Mittel, eine cineastische Katastrophe einzuleiten, weil die Dissonanz zwischen Stoff der Serie und Schauspieler:in zu augenfällig ist. Mit einem Blick auf dieses Problem aus einer anderen Perspektive könnte man auch sagen: Vielleicht ist es genauso schlimm, wenn in einer Serie der Hauptdarsteller austauschbar wäre, wenn es also egal wäre, von wem genau die Roll verkörpert würde. Denn viele gerade ältere Serien leben nicht unbedingt von der Schauspielkunst ihrer Darsteller. Es sind eher Typen oder schlicht Sexsymbole gefragt. Für das Casting von „Bay Watch“ (1989-2001) wären sicher viele Schauspieler:innen-Darsteller infrage gekommen. Klar ist, dass eine tragende Rolle wie die des „Hannibal“ (2013-2015) in der gleichnamigen Serienmörder-Serie sorgfältig ausgewählt werden muss, um glaubwürdig sein zu können. Nimmt man dem Schauspieler Horst Tappert ab, der den Kommissar in der beliebten und langlaufenden Fernsehserie „Derrick“ (1974-1998) gespielt hat, dass er ein intelligenter Ermittler ist, der jeden Fall löst? Würde man ihn mit dem Schauspieler Erik Ode vergleichen, der zwischen 1969-1976 den Chef-Ermittler in der Serie „Der Kommissar“ gespielt hat, geriete er weit ins Hintertreffen. Allerdings könnte man einräumen, dass eine klischeehafte, nichtssagende Serie wie „Bay Watch“ mit nichtssagenden Schauspielern adäquat besetzt wäre – das Casting hier dann doch adäquat wäre.

TV-Serien-Fehler 7: Keine Originalität

Es gibt Film-Regisseure, die eine unverwechselbare filmische Sprache haben, etwa Alfred Hitchcock oder Quentin Tarantino. Beide haben auch bei Fernsehserien Regie geführt. Alfred Hitchcock zwischen 1955-1965 bei der Serie „Alfred Hitchcock Presents“, Quentin Tarantino bei „CSI Las Vegas“ bei den Folgen 24/25 der 5. Staffel 5 (2005) und bei „Emergency Room“, Folge 24 der ersten Staffel (1995). Bei reinen Serienmachern ist diese visuelle Handschrift wesentlich seltener.

  • Vince Gilligan – Ein Positivbeispiel ist Serienschöpfer Vince Gilligan, der für „Breaking Bad“ (2008-2013) verantwortlich zeichnete wie auch für die Prequel-Serie „Better Call Saul“ (2015-2022) und den Sequelfilm „El Camino“ (2019). Seine Spezialität sind Geschichten, die sehr nah und sehr detailliert an den handelnden Personen entlang verlaufen. Er nimmt sich viel Zeit, um bestimmte Handlungen zu zeigen und bleibt mit der Kamera nah am Verlauf dieser Abläufe.
  • Bryan Fuller – Auch Showrunner Bryan Fuller ist ein Meister der Serie mit eigener Handschrift. Er zeichnete für Serien wie „Dead Like Me” (2003), „Wonderfalls” (2004), „Heroes“ (2006-2007), „Pushing Daisies“ (2007-2008) und „Hannibal“ (2013-2015) verantwortlich. Auch die überbordende Visualität von „Star Trek Discovery“ hat er mit konzipiert wie auch die erste Staffel von „American Gods“. Bryan Fuller hat für jede seiner Serien einen aufwendigen Look geschaffen. Bei „Pushing Daisies“ ist der beispielsweise poppig-schrill, bei „Hannibal“ morbide-surreal.

Die genannten Serienmacher oder Showrunner bieten originelle Serienkonzepte, die sich deutlich von denen anderer Serien unterscheiden.

TV-Serien-Fehler 8: Feigheit der Serienschöpfer, Sender oder Studios

Aber originell zu sein, ist leichter gesagt als getan, weil hinter den Serien natürlich kommerzielle Erwartungen stecken. Die US-Serie alten Zuschnitts wurden von Werbespots unterbrochen. War die Serie attraktiv für das Publikum und hatte sie deshalb lange Zeit hohe Einschaltquoten, flossen die Werbegelder. Heute gilt Ähnliches für werbefreie Ausstrahlung auf Streaming-Plattformen wie Netflix, nur dann bezogen auf die Abonnement-Gebühr, die monatlich zu entrichten ist. Deshalb kann man sagen, dass der überwiegende Teil der Serienschöpfer opportunistisch an bewährten Konzepten klebt, damit das kommerzielle Risiko klein bleibt. Serien mit innovativen Erzählkonzepten wie das genannte „Pushing Daisies“ oder die Echtzeit-Serie „24“ gingen ein Risiko ein. „Pushing Daisies“ hat das das Genick gebrochen, „24“ wurde ein großer Erfolg. Die Serien in Deutschland zeichnen sich durch eine geringe Innovationsfreude aus. Ein Prototyp deutscher TV-Serien ist die überaus erfolgreiche „Schwarzwald-Klinik“ (1985-1989). „Tatort“ (ab 1970-heute) ist keine Fernseh-Serie sondern eine Fernseh-Filmreihe mit über 1.000 Filmen. Hier wurde immer mal wieder mit unterschiedlichsten Schauspielern, Erzählweisen und Film-Stoffen experimentiert.

TV-Serien-Fehler 9: Der missverstandene Zuschauer

Der Zuschauer von heute ist monströs: Er kennt schon alle Geschichten, die man erzählen kann, und alle Erzählweisen, alle Wendepunkte, alle Genres. Auch hat er sich an bekannten Schauspieler:innen-Gesichtern sattgesehen. Der Zuschauer von heute ist kein filmisches Naivchen mehr wie früher, sondern ein verwöhnter Augenmensch. Deshalb haben sich alte Serienkonzepte schneller überlebt als gedacht, dreht sich das Schwungrad der Serienproduktion immer schneller und werden ehemals unvorstellbare Summen in Serien investiert. Dazu gehört

  • „Game of Thrones“ (2011-2019) von HBO mit schätzungsweise mehr als einer halben Milliarde US-Dollar Produktionskosten oder Amazon Primes
  • „Herr der Ringe“-Serie „Die Ringe der Macht“ (ab 2022), die angeblich über eine Milliarde US-Dollar Budget verfügt.

Das sind große Budgets, die man nur aus der Blockbuster-Welt des Kinos kennt. Und das zeigt tendenziell, dass man immer mehr aufbieten muss, um eine Serie zum Erfolgsgaranten zu machen. Denn die hohen Budgets sieht man diesen Serien an: Sie kommen daher wie Kinofilme mit variantenreicher Kameraführung und eine Kanonade an Spezialeffekten. Der Serien-Zuschauer von gestern war leicht zu begeistern, der Zuschauer von heute ist anspruchsvoll – weil er so viel kennt und als Zuschauer ein Profi ist. Doch zeigt sich, dass Serien wie „Dexter“ (2006-2013 und 2022) oder die ersten Staffeln von „Heroes“ (2006-2010) vor allem mit einem originellen Grundkonzept punkten und so Kultcharakter bekamen. Der Zuschauer von heute ist tendenziell überfüttert und gelangweilt. Anstatt mehr Effekten und großen Ausstattungs-Budgets sollte erst einmal die Grundidee etwas Neues bringen.

TV-Serien-Fehler 10: Geschichten breittreten

Bis hier hin wurden Fehler aufgezählt, die Serien machen können. Die grundsätzlichste ist, eine Geschichte langatmig auszuwalzen und breitzutreten. Denn bei jeder Serie müsste man sich die Frage stellen: Ist es erzählerisch spannend und inhaltlich notwendig, die Handlung über viele Folgen oder Staffeln zu strecken? Wäre ein Filmformat nicht zweckdienlicher? Quentin Tarantino hat schon mit „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“ eine Renaissance der langen Dialoge eingeleitet. Und die Superhelden-Filme des „Marvel Cinematic Universe“ (MCU) sind meist explizit unspannend, setzen auf CGI-Effekte, auf Dialoge und den Aufbau der Superhelden-Welten im Detail. Sie haben damit eine Art Erlebnispark-Flair, man sieht immer wieder eine visuelle Attraktion. Die Storys selbst geraten aber in den Hintergrund bzw. entsprechen dem alten Erzählmuster der Marvel-Comics: Der Held trifft auf den Bösewicht, es kommt zum Showdown und dadurch wird die Welt gerettet.
Der Charme alter, recht einfacher Fernsehsendungen lag in ihrer Schnörkellosigkeit und Schnelligkeit. Alles, was nicht zum unmittelbaren Transport der Geschichte gehörte, wurde weggelassen. Der Nachteil waren simple Erzählmuster, der Vorteil war permanente Spannung. Die alten Serien waren kompakter, die neuen sind epischer angelegt. So neigen sie zur Zeige- und Erzählsucht, zur visuellen und verbalen Geschwätzigkeit. Das gilt nicht für jede Serie, und manchmal, wie in „Breaking Bad“, sind Dialoge gerechtfertigt.
Populäre Serien wie „Greys Anatomy“ (ab 2005) oder „Emergency Room“ (1994-2009) gehen einerseits ganz klassisch vor, indem jede Folge ein medizinisches Problem bzw. einen oder mehrere Patienten-Geschichten zum Thema hat. Zusätzlich werden übergeordnet über die Staffeln hinweg die sozialen Beziehungen des Personals und andere in größeren Intervallen verlaufende Veränderungen verhandelt. So erhält man ein Gewirr an unterschiedlichsten Bezügen und Handlungsebenen.
Anstatt sich zu konzentrieren, ufern moderne Serien aus. Man hat den Eindruck, dass manches in einer Folge erzählt werden könnte, das dann aber in einer ganzen Staffel breitgetreten wird.

Die Serie als Alleinstellungsmerkmal

Film, Mini-Serie oder Serie mit mehreren Staffeln? Die Tendenz selbst bei Dokumentationen geht dahin, alles so weit wie möglich seriell zu zergliedern. Das bindet – und langweilt – Zuschauer. Die Serie ist das Kern-Medium von TV und Streaming, während das Kino nur Filme und keine Serien zeigt. Das heißt, die Serie ist im Verhältnis zwischen TV und Kino ein Alleinstellungsmerkmal, während Streamingdienste beide Welten verbinden.
Am Ende stellt sich nach all der Kritik die Frage, was man besser machen kann. In der nächsten Folge (3) machen wir uns Gedanken darüber, was Drehbuchautoren und Regisseure für Möglichkeiten haben, den Zuschauer nicht zu unterfordern, sondern zu fesseln.

Folge 1: Warum in die Tiefe gehen, wenn die Breite ist so schön?