Monster trivial oder Monster anspruchsvoll? Das ist hier die Frage

Monster trivial oder Monster anspruchsvoll? Das ist hier die Frage

Die Vorschau von „Panini“-Comics ist erschienen, jenem deutschen Verlag, der einen gigantischen Output an Superhelden-Comics hat, aber inzwischen auch Werkausgaben von Milo Manara oder in der Reihe „Vertigo“ Grafic Novels publiziert. Schauen wir mal, was es Neues gibt.

Zunächst ein Nachtrag: Im Januar ist das Heft „Der ultimative Spider-Man Nr. 70“ erschienen, Zeichner ist Stuart Immonen, der immer schon gut war, hier aber im zweiten Teil des Heftes, das ohne Text auskommt, den Hulk auf vier Doppelseiten zeichnerisch dermaßen übertreibt und gleichzeitig mit gekonnt eingesetzten Schwarzflächen und wenigen dicken Strichen vereinfacht und stilisiert, dass es eine Freude ist. Ohne Text muß ein Zeichner beweisen, was in ihm steckt – hier ist das sehr gut gelungen.

Zu Sexy für eine seriöse Geschichte: Milo Manara
Von Milo Manara, dem Italiener, der die Punktiertechnik von Moebius noch veredelt und mit der Leichtigkeit und Schönheit des Jugendstils kopelt, erscheint eine Hardcover-Werkausgabe. Zwei Bände sind erschienen, im März und Juni erscheinen die nächsten, außerdem im nächsten Monat ein „Notizbuch“ mit Illustrationen. Manara ist illustrativ unerreicht und dennoch locker genug, um die Geschichten gut zu erzählen. Das ganze firmiert unter dem Label „Erotik“, was oftmals schwer erträglich ist. Manara hat immer schon Sex benutzt, um Leser anzuziehen. Die teils guten Geschichten werden dadurch unmotiviert unterbrochen oder überlagert. Ein „Indianischer Sommer“ zum Beispiel, getextet von Hugo Pratt, gerät dadurch zur Farce, obwohl die Grundzüge der Geschichte ernsthaft sind. Gleiches gilt aber auch für die meisten anderen Geschichten. Ehrlicher wäre es, nur Sex und keine Geschichte zu bringen, damit wäre der besser bedient, der keine Geschichten braucht. Vielleicht sowas wie das Skizzenbuch.

Altmeister Milo Manara bedient die üblichen Männerphantasien.

Altmeister Milo Manara bedient die üblichen Männerphantasien. (Copyright Milo Manara und Panini-Verlag)

Ein Könner: Carmine di Giandomenico
Ein weiterer italienischer Zeichner, Carmine di Giandomenico, Jahrgang 1973, hat mit dem „Marvel Noir“-Spider-Man ganze Arbeit abgeliefert. Eigenständig, sehr klar und erfrischend neues Artwork. Er hat von der Vorzeichnung, über die Tusche bis zu den Farben alles selbst gemacht und hält das Niveau von der ersten bis zur letzten Seite. Sehr gelungen. Den Könner bei der Arbeit kann man hier sehen:

Frank Miller: Alter Wein in neuen Schläuchen
Im nächsten Monat erscheint die Neuedition von Frank Millers (Text) und Dave Gibbons (Zeichnungen) „Martha Washington“. Das Werk enthält einige gute Ideen, gehört aber nicht zu Millers Glanzleistungen. Zum Teil sind ihm zwischendurch die Ideen ausgegangen und Dave Gibbons ist als Zeichner generell überbewertet. Dennoch ist fast alles, was Miller gemacht hat, ambitioniert – und für einprägsame Figuren war er schon immer gut. Der erste Band ist 192 Seiten stark und ein Softcover. Es wird zwei weitere Bände geben – fürs Bücherregal und um der alten Zeiten willen.

Comickunst-Veteran P. Craig Russell
Vom Team Neil Gaiman (Text) und P. Craig Russell (Zeichnung) kommen gleich zwei Arbeiten in die Regale: Band 5 der „Neil Gaiman-Bibliothek“ mit Namen „Mordmysterien“ (Juni) und als „Sandman“-Sonderband „Die Traumjäger“ (März). P. Craig Russell ist zeichnerisch ein Könner. Da sein Stil sehr illustrativ und er weniger ein klassischer Comiczeichner ist, hat er nie die Popularität erlangt, die ihm eigentlich hätte zu teil werden sollen. Allerdings ist er da nicht alleine, man denke nur an Genies wie Alex Nino. Beide Bände sind empfehlenswert.

100 Bullets und kein Ende
Der 11. Band von „100 Bullets“ kommt im Mai heraus. Dreamteam Brian Azzarello (Text) und Eduardo Risso (Zeichnungen) liefern eine hervorragend erzählte und gezeichnete flotte und spritzige Serie. Der Argentinier Risso, Jahrgang 1959, ist ein alter Hase im Metier und schuf bereits Ende der 80er Jahre zusammen mit Carlos Trillo (Text) den Comic „Fulù“, der auch in Deutschland veröffentlicht wurde und im übrigen zeigt, wie man Erotik sinnvoll in den Erzählfluß integriert, ohne ihn zu stören bzw. zum Selbstzweck zu machen.

Simon Bisley: Schwaches Lebenszeichen
Im Mai kommt auch „Gears of War“, die Comicfassung des Games, von Simon Bisley gezeichnet – der hat aber schon wesentlich bessere Zeiten gesehen. Seinen Höhepunkt als Zeichner hat er überschritten. Außerdem hat er wohl wie viele andere Comicschaffende mehr mit dem Filmbusiness zu tun, was Zeit und Kraft raubt.

Ed McGuinness: Zeichner der Superlative
Es ist recht schwierig, Comics zu kreieren, die Spaß machen, keine Comics für Erwachsene sind aber dennoch einen Anspruch haben. Höhepunkt der nächsten Monate ist deshalb der 140-seitige Hulk-Band Nr. 4 von Jeff Loeb (Text) und Ed McGuinness (Zeichnung). Die Zeichnungen haben im Laufe der Zeit zwar leicht nachgelassen, aber wenn irgendeiner in der Kirby-Tradition der absoluten zeichnerischen Übertreibung steht, dann Ed McGuinness in dieser Hulk-Serie – für den April vormerken.

Sam Keith: Für höchste Ansprüche
Einer der innovativsten amerikanischen Zeichner, Sam Kieth (Text und Zeichnung), kommt mit einem Batman/Lobo-Crossover (104 Seiten, Hard- und Softcover) ebenfalls im April in die Läden. Empfehlenswert für Postmoderne und Anspruchsvollste.

„Sandman“ und „Fables“
Apropos: „Sandman“ von Neil Gaiman (Text) und einer Fülle unterschiedlicher Zeichner endet mit Band 10 im Mai. „Fables“ von Autor Bill Willingham erscheint im April mit Band 11 und im August mit Band 12. Beide Serien sind erzählerische Comic-Meilensteine. Die Zeichnungen sind von sehr unterschiedlicher Qualität.