Du suchst die unverstellte Ruhe von Mutter Natur und begegnest doch tatsächlich Vater Saurier. Weitergehen auf eigene Gefahr.

Du suchst die unverstellte Ruhe von Mutter Natur und begegnest dort nur Oppa Saurier. Bis hierhin schien alles einfach. Jedoch nun: Weitergehen auf eigene Gefahr!

Wir gehörten in der Schule zu jenen Schülern, die mit ihren Gedanken immer woanders waren und deshalb bei Klassenarbeiten ständig das Thema verfehlten. Wer dies mit Bezug auf die einleitende Abbildung ebenfalls denkt, hat unser Verhaltensänderungs-Potenzial vollständig falsch eingeschätzt. Auch wenn man es nicht sofort erkennt, es geht hier um ein Schreibgerät, allerdings um eines, mit dem nicht zu spaßen ist: Ein multifunktionaler Kugelschreiber in Form eines Dinosauriers.

Heike-Hartmann Heesch und Detlef Heesch, die auch für die Fotos verantwortlich zeichnen, haben uns auf eines der letzten sozusagen freischreibenden Exemplare hingewiesen. Sie schämen sich nicht, diesen Kugelschreiber ständig zu benutzen. Es handelt sich um einen trashigen Effektkugelschreiber, den man nach oberflächlicher Betrachtung achtlos zur Seite legen könnte. Wenn da nicht einige Besonderheiten wären:

Schreibgerät und Lichtquelle in einem. Strahlender war das Lächeln eines Sauriers nie.

Schreibgerät und Lichtquelle in einem. Strahlender war das Lächeln eines Sauriers nie.

Der Kugelschreiber leuchtet, was beim Schreiben hilfreich sein kann. Ist es in diesem Fall aber nicht, weil die Lichtquelle in die dem Schreiben entgegengesetzte Richtung weist. So muß nun der Schreibende eher aufpassen, nicht geblendet zu werden oder im ungünstigen Fall gar zu erblinden. Wie mit Blinden in unserer Gesellschaft umgegangen wird, wissen wir alle. Deshalb: Vor Gebrauch dieses Kugelschreibers lieber nochmal nachdenken.

Darüber hinaus ein hervorragendes Beispiel für Energieverschwendung, die – bedenkt man die theoretischen Wirkmechanismen des sogenannten „Butterfly-Effektes“ – unter Umständen langfristig dazu beitragen könnte, dass die gesamte Menschheit ausgelöscht werden könnte, und damit auch alle Menschen, die schreiben. Und dieser Widersinn nur, weil ein Erfinder Lichtquellen nutzt, die nichts bringen. Ist das denn die Möglichkeit? Was soll der Scheiß? Ist dieses Schreibgerät am Ende eine Art Trojanisches Pferd? Wir wollen es verdammt nochmal gar nicht wissen.

Dieser Dinosaurier beweist Vielseitigkeit. M.C. Escher hätte seine Freude daran gehabt.

Dieser Dinosaurier beweist Vielseitigkeit. M.C. Escher hätte seine Freude daran gehabt.

Anstatt dessen versuchen wir uns zu beruhigen und kommen – zwar widerwillig – auf die positiven Seiten dieses Kugelschreiber zu sprechen. Er bietet uns Kurzweil: Die Unterseite ist hell-orange, die Oberseite dunkel-violett. Das ist der Zustand bei eingefahrener Mine. Um sie auszufahren, dreht man den Dinosaurierschwanz. Die Kugelschreibermine erscheint, das Orange ist durch das Drehen nach oben „gewandert“ und leuchtet uns entgegen.

Wir können den Stift von vornherein aber auch anders herum halten. So könnten wir uns je nach Tagesform – ob zutiefst depressiv (dunkle Seite des Kulis) oder himmelhoch jauchzend manisch (helle Seite des Kullis) – alle Möglichkeiten menschlicher Gefühls-Nuancen erschliessen. Und dies mit einem Schreibgerät, dem wir zu Anfang voreilig Trashigkeit unterstellt hatten. Früher hätten wir für sowas mit der Eselsmütze auf dem Kopf in der Ecke stehen müssen.

Er bleibt gerne für sich und will mit Menschen nicht unbedingt und nicht immer etwas zu tun haben: Unser treuer Gefährte, der Dino-Kulli.

Er bleibt gerne für sich und will mit Menschen nicht unbedingt und nicht immer etwas zu tun haben: Unser dennoch stets treuer Gefährte, der Dino-Kuli.

Heute sind die Zeiten liberaler. Deshalb nutzen wir das aus und schreiben freiweg von der Leber: Dieser Kugelschreiber ist Mist. Er birgt in sich einen Heiterkeitsfaktor und gewährt uns durch sein Farbenspiel einen Blick auf die Ambivalenz des menschlichen Seins. Aber er ist so dermaßen unergonomisch – das geht gar nicht. Würde sich dieser Kugelschreiber irgendwo, zum Beispiel als Kuli, bewerben, müsste er wirklich viele Jahre lang Bewerbungen schreiben und würde nie genommen.

Dies zum Grundsätzlichen. Aber unser konkretes Exemplar hat ja bereits als vielleicht letztes seiner Art ein wohliges Zuhause in Hamburg gefunden. Ein Glück für ihn.

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