Kunst oder die gute alte Comiclektüre?

Vermeintliche Kunst oder die gute alte Comiclektüre?

Manche Menschen schlagen Purzelbäume, um sich den Spaß an etwas, das sie lieben, durch Kunstdebatten zu rechtfertigen, die ihrerseits auf das Produkt zurückwirken – bis zu einem Punkt, an dem sie den Spaß verderben. Das merken diese Menschen, nennen wir sie in diesem Fall Comicenthusiasten, oft nicht, denn nur durch die Adelung eines Printproduktes namens Comic zu einem Kunstobjekt gelingt es ihnen, sich wieder ohne Scham im Spiegel zu begegnen.

Comicfans, solche, die den Absprung nach den „Micky Maus“- und „Fix und Foxi“-Heften ihrer Kindertage verpassten, leben ihr Hobby unter dem mitleidigen Blick ihrer Mitmenschen aus. Oder anonym. Oder in sektiererisch in wohliger Runde unter ihresgleichen. Da kommt schnell der Wunsch auf, aller Welt die Qualität von Comics zu beweisen. Was taugt da besser, als die Comics, manche zumindest, zur Kunst zu erheben? Weitgehend unbemerkt vom Kunstbetrieb, versteht sich.

Comicpreise

Um die Salongfähigkeit von Comics zu erreichen, wurden zahlreiche Preise erfunden. So wie auch für Kriminalliteratur Preise erfunden wurden, um Krimis aufzuwerten, und Science-Fiction-Preise, um Science-Fiction-Literatur aufzuwerten usw., so lobt auch die Comicbranche hervorragende Leistungen aus. Um etwas zu gelten. Die Fans demonstrieren sich selbst, dass ihr Fetisch etwas wert ist, dass er in der Welt Bedeutung hat.

Die Würdigung herausragender Comics verführt wiederum Comicautoren- und Zeichner – weniger die Verlage – dazu, Werke abzuliefern, die preiswürdig, idealerweise „Kunstwerke“ sind.

Je kunstverdächtiger ein Comic, desto kleiner der Kreis derjenigen, die ihn zu würdigen wissen. Der Comicfan mutiert zum arroganten Kunstchauvinisten, indes weiterhin ignoriert vom echten Kunstkenner. Doch wozu? Was ist aus dem guten alten Spaß geworden?

Das Einzigartige genießen, statt es zu dressieren

Comics erzählen eigenartig verkürzte Geschichten in bunten, gewalttätigen Bildern auf eine Weise, wie nur sie es können. Weder Kunstmalerei, Plastik noch Literatur haben Erfolg mit Superhelden und Superschurken. Oder mandelaugenen Püppchen. Konzentrierte Jungenalmachtsfantasien und Mädchenträume. Nur das Kino, die Hure des letzen Jahrhunderts, transferiert neuerdings erfolgreich Comics in das eigene Fach. Kann aber, aufgrund seiner Kosten und Schwerfälligkeit, den Bedarf der Fans nach dem Seriellen nicht stillen.

Comics sind eigenartig und in ihrer Eigenartigkeit einzigartig. In ihnen kann sich das Furchtbarste, das Trivialste mit dem Beeindruckensten mischen und dabei visuell und erzählerisch ärgern und fesseln zugleich. Das Eigene der Comics findet sich nur in den Comics.

Entspannt Euch

Also, hey, ihr Comic-zu-Kunst-Diskutanten: Warum entspannt ihr euch nicht einfach und habt wieder normalen Spaß mit normalen Comics? Ist doch scheißegeal, wenn andere die Nase rümpfen. Oder?