Kate Middleton und Prinz William

Höchst persönlicher Kuß bei der Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton: 2 Milliarden guckten höchst interessiert zu

Schätzungsweise 2 Milliarden Menschen haben die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton gesehen. Kein Wunder, die BBC hat ihre Sende-Rechte in 32 Länder verkauft. Bedenkt man, dass die Erdbevölkerung nur aus 5 Milliarden Menschen mehr besteht, ist dies ein unvorstellbarer Anteil an Fernsehzuschauern.

Die Hochzeit von Prinz Charles und Lady Diana 1981 hatten 750 Millionen Menschen verfolgt. Zum Vergleich: Das 2010er Fußball-WM-Endspiel war von ca. 330 Millionen „live“ am Bildschirm verfolgt worden und weitere 700 Millionen wohnten medial der Nachberichterstattung bei. Das britische Königshaus ist halt etwas Besonderes: Als weltweite Premium-Marken-Dynastie genießt sie nicht nur in der Yellow-Press eine große Beachtung, sondern liefert permanent Futter für alle möglichen Medien.

Image-Transfer: Von den Werten eines Königshauses zum Super-Eiland

Das Königshaus formt auch bildmäßig das traditionsbewußte Image Englands, verankert dabei angestammte Klischees und bietet für jedermann Identifikations-Möglichkeiten auf spiegelblanken Projektions-Flächen. Die Unterhaltungs-Presse interpretiert das Leben und Sterben der „Royals“ zur Seifenoper um, spürt den Skandalen nach, lauscht ihren Seitensprüngen, ergötzt sich an Liebesflüstern und Ausrutschern gleichermaßen. Die Königs-Familie zelebriert in der Öffentlichkeit ihre Traditionen und bietet damit religionsgleiche Mechanismen an: In einer Welt, die immer weniger Orientierung bietet, weil der Informationsfluß die Wahrnehmung der Menschheit verstopft, bieten simple, rückwärts gewandte Chiffren der Beständigkeit Klarheit – Millionen und Millarden Medien-Süchtigen danken es ihnen. Dabei kommt es nach Kriterien der Wahrscheinlichkeit auf das richtige Verhältnis zwischen der Erfüllung von Erwartungen und dem Anteil an unvorhersehbaren Überraschungen an. Die richtige Mischung macht’s!

Medien-Ereignis „Hochzeit“ als Soap-Opera

So ergötzt sich die Tag und Nacht tuckernde Medien-Maschinerie bei der Hochzeit von Kate Middleton und Prinz William an jedem Detail – angefangen beim Gewicht der Braut, das minutiös nachgehalten wird und bis zur Hochzeit auf ein Minus von 7 Kilogramm kommt bis hin zur spannenden Dramatisierung der Entscheidung für eines von drei Hochzeitskleidern. Wie sind sie angezogen? Was sagen sie? Wie gucken sie? Was fühlen sie? Jeder Teilaspekt des augenscheinlich vorhandenen Lebens der royalen Protagonisten wird zum zielgruppenaktivierenden Kürzel für Lebens-Aspekte jener Menschen, die das Märchen- und Traumhaften in der Medien-Berichterstattung suchen. Scheinbar echtes Leben – medial gefiltert und gebrochen – als Soap. Tatsächlich verschwimmen Fernseh-Soaps und medial zelebrierte Leben immer mehr. Realität und Fiktion sind inzwischen unentwirrbar miteinander verflochten. Tatsächlich müssen die audiovisuellen Medien mit immer größeren und durchschlagenderen Geschützen aufwarten, oder in Ermangelung derselben in die Mikro-Aspekte ihres Themas eintauchen, um die Infotainment-Sucht der Konsumenten noch befriedigen zu können. So wie im Schweizerischen Cern in einem Teilchenbeschleuniger die kleinsten Bestandteile der Materie in immer kleinere zersprengt werden, so fördert das heuschreckengleich eingeflogene Kompetenz-Team der internationalen Journallie zwischen Braut-Wimpernschlag und Wimmelfaktor königlicher Hunderudel jedes noch so unwichtige Detail zu Tage und gibt ihm eine Wichtigkeit, die der Abstumpfung immer weiter Vorschub leistet.

Superlative verschütten die zarte Liebe

Die Royals haben das jedoch eigentlich gar nicht nötig. Da sie als Celebrity-Marke ein einmaliges Unikat sind, das keinen Vergleich zu scheuen braucht, sind sie medial nicht ersetzbar. Sie sind ein Content, den die Medien benötigen, quasi einer der blutverdünnenden, den Herzschlag bescheunigenden Faktoren im Medien-Körper. Doch die Medien sind ständig hungrig und gieren nach immer neuen Superlativen. Denn Superlative sind der unverrückbare Beweis dafür, dass etwas wirklich wichtig ist: Fast 60 Millionen Euro kostet die Hochzeitsfete mit all ihren Banketts. 5.000 Polizisten und 1.300 Soldaten sorgten für Sicherheit. Weitere 1.000 Soldaten stehen nach der Hochzeits-Zeremonie als lebender Weges-Saum stramm. 1.900 Gäste sorgen dafür, dass nicht zu viel vom Bufett übrig bleibt. Allein 10.000 Canapés wollten beim Hochzeitsempfang verschluckt werden. Eine ganze Million Hochzeits-Touristen sollen nach England gereist sein und hoffentlich über eine halbe Milliarde Euro für Bewirtung dort gelassen haben. Landesweit wurden 5.500 Feste zu Ehren des Hochzeits-Paares angemeldet. Die Dunkelziffer mag erheblich höher liegen. 8.500 Journalisten leben buchstäblich wie die Made im Speck, weshalb Tages-Zeitungen und Sender bei Auflagen und Einschalt-Quoten boomen. Kein Wunder also, dass 1.000.000 Menschen für das Hochzeitspaar auf die Straße gegangen sind und dabei 140 Tonnen Unrat hinterlassen haben. Zu allem Überfluß wird der Hochzeitstag von Kate Middleton und Prinz William zum Feiertag erklärt, wodurch dem Staat ca. 230 Millionen Euro Minder-Einnahmen entstehen.

Die Medien-Monarchie: Die nächste Staffel

Diese und andere Superlative – ob sie nun stimmen oder nicht – zementieren die royale Medien-Monarchie, potenzieren ihre Wirkung und liefern die Eckdaten für die trivial-hysterische Berichterstattung, deren Plot einem billigen Fürsten-Roman zu entstammen scheint. Dies merkt aber niemand, weil die Welt der Medien und die vermeintlich reale Welt zu einem feinmaschigen, wechselseitig rückbezüglichen Informations-Gewebe verschmolzen sind, auch weil es die Protagonisten in ihrem Sein verändert und beeinflußt. So hat nichts mehr Natürlichkeit, alles ist Gehabe und die kleine, unscheinbare Liebe zweier Menschen – sollte sie vorhanden sein – wird zum Multi-Milliarden-Event, der die Handelnden in ihrem Tun bestätigt, sie süchtig macht nach Massen-Aufmerksamkeit und sie vergessen läßt, dass die Keimzelle einer möglichen Liebe zwei Menschen sind – und nicht zwei Milliarden.