Solche Songs wie „Everything I Wanted“ schreibt Billie Eilish mit ihrem Bruder Finneas O’Connell im heimischen Schlafzimmer, das gleichzeitig das Studio für ihr erstes Album war? Unglaublich. Der spröde Gesang am Anfang und am Ende des Lieds mit einer Stimme gesungen, die persönlicher nicht sein könnte.

Auf ihrem Debutalbum reiht sich Pop-Perle an Pop-Perle. Bei den MTV-Europe-Music-Awards im letzten Jahr gewann Billie Eilish in der Kategorie „Bester Song“ mit „Bad Guy“. Und womit? Mit nachdenklicher, kluger Musik und öfter mal mit Tabubruch-Horror- oder Depri-Texten sowie mit melancholischen Liebesliedern.

Gefühl und Schmerz

Sie fragt uns, wo wir hingehen, wenn wir in einen tiefen Schlaf fallen und in „Everything I Wanted“ singt sie: „I tried to scream/But my head was underwater/They called me weak.“ Übersetzt etwa: „Hab versucht zu schreien/Aber mein Kopf war unter Wasser/Sie nannten mich schwach.“ Das ist eine persönliche Perspektive, die Neues in die Pop-Musik bringt. Vielleicht die Begleitmusik zum Weltuntergang?

Eine andere Welt

Die Billie-Eilish-Videos sind alle aufwendig oder ideenreich und in jedem Fall stilsicher gedreht. Die Dramaturgie des Videos „Hostage“ mit dem handgreiflichen Beziehungs-hin-und-her erinnert ein bisschen an „Try“ von Pink, wo es allerdings viel heftiger zur Sache geht. Billie Eilish hat übrigens das Tourette-Syndrom, eine Störung des Nervensystems, die sich meist durch nervöse Ticks äußert. Manchmal begleitet das Tourette-Syndrom als Zusatzstörung auch Autisten. Billie Eilish mit Tourette und Greta Thunberg, die das Asperger-Syndrom hat – sie zeigen uns aus ihrem Blickwinkel die Welt, wie man sie sonst kaum sehen kann.

Hostage