Nein, keins für Eierköpfe… obwohl… naja, aber egal. Nein, wenn man mit kleinen Kindern zu tun hat, dann rutscht einem, während man dem Kind wohlwollend über die Haare streicht, zuweilen ein „Ei“ heraus. Auch Redewendungen wie „Ei der Daus“ oder Highlanders „Ei, meine Blume“ (alternative Schreibweise: „Ay“) sorgen für einen verbalen Niedlichkeitsfaktor.

Jedenfalls gibt man eine Art infantiles „Ei“ von sich, wenn man etwas sehr ursprünglich von innen heraus mag. Und an dieser Stelle sind wir gedanklich auch ganz schnell beim iPhone angelangt, das aus einem ganz bestimmten Grund vermutlich ein Ei-Phone ist.

Die alten iPhone-Modelle

Apples iPhone, das 2007 das Licht der Welt erblickt hat, hatte bis zum 3er-Modell einen dicken glänzenden Metallrahmen, der aus heutiger Sicht etwas billig wirkt. Beim 4er wurde der Rahmen dünner und wirkte damit weniger dominant. Das 5er-iPhone bekam zwar ein anderes Seitenverhältnis aber der typische zum Display und zur Rückseite hin nicht abgerundete, grade Rahmen betonte das damals schönste Design eines Smartphones – und blieb es für viele auch.

Anfangszeit der Smart-Mobilität

Allerdings: In der Anfangszeit der Smartphones heutigen Zuschnitts war vieles Neuland und kein Nutzer hatte bereits dutzende oder hunderte Modelle gesehen. Apples Rahmen-iPhone blieb ein Unikat, selbst wenn andere wie etwa das Galaxy Note 3 von Samsung später auch einen Metallrahmen bekamen, aber einen untergliedernd-eingekerbten, weniger schönen.

Der klassische iPhone-Rahmen

Es hatte eine schlichte Eleganz, die es mit einer funktionalen Robustheit teilte, die viele Nachfolgemodelle nicht mehr aufwiesen. Der Metallrahmen war Teil einer Mischung aus formalem Minimalismus, wie er etwa in Japan kultiviert wird, und einem konstruktiven technoiden Industrie-Design. Das erinnert von der Anmutung her zum Beispiel an den Rotring-600-Füller, der sechseckig komplett aus Metall gefertigt war. Er lag schwer in der Hand, wie auch das alte iPhone schwer und manifest in der Hand lag. Diese Schwere suggerierte Zuverlässigkeit, die zugleich schön und widerstandsfähig erschien.

iPhone 12 mit Retro-Design

Später ließ Apple den Metallrahmen weg, rundete die Seiten extrem ab, um das iPhone dünner wirken zu lassen, und erst mit dem jetzigen iPhone 12 wurde der alte robuste Metallrahmen, je nach Modell aus Stahl oder aus Aluminium, wieder eingeführt. Wer die alten iPhone-Modelle nicht kennt, könnte meinen, Apple habe sich designmässig mit dem iPhone 12 ausnahmsweise mal etwas Neues ausgedacht. Aber weit gefehlt, es hat ein Design-Recycling realisiert. Es hat das wiederbelebt, was Steve Jobs als Produktentwickler vor über einem Jahrzehnt an den Markt gebracht hatte.

Produktpflege statt Produktentwicklung

Und da sind wir wieder bei der Theorie, dass Apple seit dem Tod von Firmengründer Steve Jobs nichts grundlegend Neues beim Produktdesign mehr eingefallen ist. Übrigens auch kein grundlegend neues Produkt. Unter seiner Ägide waren die sagenhaften Laptops entstanden – inklusive des Mac Biook Air mit seinem besonderen Formfaktor. Auch das iPad, vorher der iPod und sowieso die Macs als Arbeitsrechner waren Steve-Jobs-Produkte. Kreativ war Apple seit dem vor allem in finanziellen Dingen, nicht aber, was die Produktpalette und das Produktdesign anbelangt oder besser gesagt, was das besondere Verhältnis zwischen Form und Funktion betrifft. Was Apple seitdem macht, ist Produktpflege.

Apple: früher sehr innovativ

Apple hatte seit seinen Anfangstagen als Computerhersteller immer wieder innovativ gewirkt, hatte die Maus als Eingabegerät etabliert, das Click-Wheel beim iPod, hatte überhaupt die grafische, menschengerechte Benutzerführung eingeführt. Geschuldet war all dies dem Wahnwitz und der Manie von Steve Jobs, der jedesmal das besondere und das perfekte Produkt schaffen wollte. Schließlich wurde unter seinem kritischen Auge der iMac entwickelt, wie er auch heute noch fortbesteht und natürlich das iPhone, das Apple sagenhaft reich gemacht hat.

Nichts Neues beim iPhone 12?

Ei der Daus! Aber dann ist das aktuelle neue iPhone 12 ja designmässig ein Retro-Phone. Genau. Aufkochen des alten Gerichts mit dem faden Beigeschmack der Ideenlosigkeit. Schrecklich, dass ein Weltkonzern auch nur mit lauwarmem Wasser kocht. Unter Steve Jobs konnte man immerhin sagen: Er zieht uns die Hosen aus, aber arm werden wir immerhin für ständig neue Ideen. Und nun langt es noch nicht mal für ein Ladekabel und sie ziehen uns die Hosen aus mit Design-Langeweile. Au Weia.

Wir iphönen uns zu Tode

Aber wenn es uns ganz schlecht geht, dann kommt Apple, streicht uns mit einem „Ei“ auf den Lippen über unsere fettigen Haare, weil wir ja kein Geld mehr für Shampoo haben, weil, alles Geld, das wir je hatten, haben wir für iPhones ausgegeben. Und die ganz Schlauen, die dennoch ‚was extra für schlechte Zeiten zurückgelegt hatten, müssen diesen letzten Notgroschen nun für das Ladekabel ausgeben, das umgerechnet sogar teurer ist als das iPhone 12. Ei, Why-why? Das ist große Verkaufskunst aber eben völlig unkreativ.