Todd McFarlane und Frank Miller

Die Comic-Schöpfer Todd McFarlane und Frank Miller sind innig verbunden in den Gewalt-Exzessen ihres Werkes. Von Todd McFarlane war hier in Sachen seiner neuen Comic-Heft-Reihe „Haunt“ schon die Rede. Es gibt ein interessantes abendfüllendes Feature über ihn, das den Zeichner, Autor, Baseball-Fan und Unternehmer umfassend portraitiert.

Die Dokumentation zeigt den Comic-Schaffenden von seiner privaten Seite. Es gibt recht persönliche Einblicke. So erzählt zum Beispiel Todd McFarlanes Frau, wie sie sich kennengelernt haben und welche Schwierigkeiten es am Anfang zu überwinden gab.

Die Verrohung des Todd McFarlane

Todd McFarlane ist groß geworden mit den Superhelden-Comics. In diesem Genre geht es immer um Gewalt. Teils ist diese Gewalt jugendkompatibel und zensurfreundlich gestaltet, teils ist sie grenzwertig bis unerträglich. Auffällig ist, dass einige der wichtigen Innovatoren der Superheldencomics mit Extrem-Gewalt die Fans auf ihre Seite gezogen haben und so ihre Neuerungen auch zum Verkaufserfolg geführt haben. McFarlane gehört dazu aber auch Frank Miller.

Gewalt erzeugt Gegengewalt, in der Comicwelt doppelt so stark

Todd McFarlane hat die Gewalt bei seiner Eigen-Kreation „Spawn“ im Selbstverlag bei Image-Comics nochmal eine Stufe höher geschraubt, bis hin zur plumpen Selbstjustiz-Propaganda, Miller hat die Gewaltverherrlichung in Sin City ebenso zelebriert, hat Folter und Verstümmelungen in aller Breite dargestellt. Gerechtfertigt wird dies oft durch die Negativdarstellung der Person, der Gewalt angetan wird. Bei beiden Zeichnern/Autoren sind dies Kinder-Schänder oder Mörder, die selbst Gewalt ausgeübt haben. Die Botschaft, die so vermittelt wird, bleibt undifferenziert.

Der abgestumpfte Comic-Konsument

Der durchschnittliche Comicfan hält das für normal. Er ist im Laufe der Zeit abgestumpft und braucht immer stärkere Reize. Hinter dieser Gewaltfassade verschwindet das große Talent von Zeichnern wie McFarlane oder Miller. Ihr Marketing-Kalkül – möchte man meinen – verdrängt und überlagert ihr Schaffen. Wobei Superhelden-Comics grundsätzlich immer sehr an der Physis ihrer Protagonisten orientiert sind. Aber Konzepte wie das der Comic-Figur „Silver Surfer“, der Gewalt in Frage stellt, zeigen, dass andere Möglichkeiten bestehen.

Gewalt ist aufregend, sexy und hipp

Gewaltlosigkeit ist aber nicht sexy, politisch korrekt zu sein, schon lange nicht mehr angesagt. Viele hochverehrte Kreative in der Comic-Landschaft machen ihr Geld mit der Darstellung simpler Gewalt – da können die Zeichnungen noch so schön sein. Der Inhalt fällt weit hinter das zurück, was es schon lange gab. Die „Fantastischen Vier“ beispielsweise gehen mit Gewalt anders um. Seit jeher gibt es in dieser vierköpfigen Superhelden-Gruppe, die aus einer Frau und drei Männern besteht, einen differenzierteren Umgang mit Gewalt. Dem ungestümen Johnny Storm und dem stets gewaltbereiten Benjamin Grimm stehen die Besonnenheit und Nachdenklichkeit von Reed Richards und Sue Storm gegenüber. Auch der „Civil-War“-Zyklus bei Marvel, der sich im übertragenen Sinne mit dem Patriot Act der Bush-Regierung auseinandersetzt, kommt zwar nicht ohne Gewalt aus, aber es finden Dialog-Situationen statt, die nachdenklich machen. Todd McFarlane’s Spawn ist weit davon entfernt.

Gewalt als Karikatur und Übertreibung

Anders haben das Thema „Gewalt“ künstlerische Comic-Schaffende wie Bill Sienkiewicz für sich gelöst. Der hat sich bei seiner von Frank Miller geschriebenen Mini-Serie „Elektra Assasin“ in die karikierende Übertreibung gerettet. Auch auf dem Promotion-Poster zur Serie ist die schlanke Mörderin mit einer dermaßen überdimensionierten Schußwaffe kombiniert, dass es nicht mehr ernst zu nehmen ist. Die kritische Distanz bleibt gewahrt.

Tabubrüche lassen die Kasse klingeln

Aber das große Geld macht man auch im Comic-Geschäft mit Tabu-Brüchen. Das gibt niemand gerne zu – genauso wie Google bei seiner jährlichen Auswertung der meistgesuchten Begriffe über seine Suchmaschine alles, was mit Sex zu tun hat, ausklammert, so findet gerade in Amerika der kritische Dialog, wenn es um die Thematik „Gewalt in Comics“ geht, von der falschen Seite her statt. Immer sind es die prüden Tugendwächter, die ein Verbot von „Spawn“ fordern. Der eigentliche Fan aber, befindet sich zu nahe dran, um kritisch sein zu können. „Image Comics“, der von Todd McFarlane mitbegründete Verlag, der alles anders machen wollte als die alt eingesessenen Verlage „Marvel“ und „DC“ hat noch mehr Gewalt-Darstellungen und noch mehr Pathos anstatt ausgefeilter Geschichten als Mittel eingesetzt.

Mangelware: Gute Geschichten für interessierte Leser

Gute Geschichten sind immer noch Mangelware im Comic-Business. Dass die aber auch ihre Hefte verkaufen, ist eine Binsenweisheit. Der oben erwähnte „Civil-War-Zyklus“ war ein Verkaufs-Renner. Die Hauptgeschichte wurde von Steve McNieven hervorragend gezeichnet und von Mark Millar zugleich spannend und zeitgeschichtlich relevant getextet – ein ästhetisches Nachdenkstück, das nicht nur von Gewalt dominiert war und das nebenbei Comics wieder etwas in die öffentliche Diskussion gerückt hat.