Du sollst Dir kein Bild von Deinem Gott machen. Im Falle von J. D. Salinger ist das gar nicht so einfach.

Du sollst Dir kein Bild von Deinem Gott machen. Im Falle von J. D. Salinger ist das gar nicht so einfach.

Seit jeher ringen Sach- und Unterhaltungsaspekte um Aufmerksamkeit, um die Gunst der Leser und Zuschauer. Im Falle J. D. Salingers überwiegt nach seinem Tod das Interesse weniger an seinem Werk und mehr an dem Menschen hinter diesem Werk.

Wer war er? Wie war er? Journalist Jordan Mejias schreibt im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom heutigen Tage in einem kurzen Artikel mit Bezugnahme auf die Recherchen der New York Times in Salingers Wohnort über den Menschen Salinger: Wo er eingekauft hat, was für ein Auto er gefahren hat, was die Leute über ihn dachten.

Das Menschliche hinter dem Kult
Das Ganze hat ein bißchen was von einer Schatzausgrabung oder etwa von der Bergung der Titannic. Bei einem, der sich den Medien jahrzehntelang verweigert hat, wird es zum Politikum, wo er seine Brötchen kauft. Salinger, der sich der Profanisierung erfolgreich entzogen hat, wird so im Nu trivialisiert. Man könnte andererseits auch sagen: Die Kultfigur wird vermenschlicht.

Wie ist das Werk Salingers anzusehen?
In Zeitalter der Unterhaltung ist es für den Buchverkauf immer auch wichtig, über den Menschen zu schreiben. Die Literaturkritik macht sich seit Anbeginn Gedanken über Werkimmanenz und Werktranszendenz, also darüber, ob das Werk ohne weiteres Zusatzwissen für sich stehen sollte oder ob äußere Faktoren zur Bewertung hinzugezogen werden müssen. Im Falle von Salinger, das sei eingeräumt, eine nicht alltägliche Überlegung, weil Salinger sein literarisches Werk für sich stehen ließ und nichts von sich preisgab.